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Anteile von Frauen und Männern an der Beschäftigung
in ausgewählten Branchen im Saarland 2022 in % Titelthema
Pflege- und Altenheime u.ä. 79,6 20,4 Frauen
Gesundheitswesen 78,4 21,6 Männer
sonstige persönliche Dienstleistungen* 76,1 23,9
Erziehung und Unterricht 72,5 27,5
Einzelhandel 69,9 30,1
Sozialwesen 68,6 31,4
Dienstleistungssektor insgesamt 58,0 42,0
Insgesamt 46,3 53,7
Informationstechnologie 29,2 70,8
Maschinenbau 16,9 83,1
Kfz-Industrie 13,5 86,5
Baugewerbe 12,0 88,0
Stahlindustrie 6,9 93,1
*Anm: sonstige persönliche Dienstleistungen: u.a.: Wäschereien, Bestattung, Frisör- und Kosmetikstudios, Sauna und Bäder etc.
Quellen: BA (Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zum 30.06.).
Grafik: Arbeitskammer
Emotionen möglichst zurückge- keine wesentlichen Beiträge zum verbundenen Auswirkungen wie
drängt werden. Zum anderen Wirtschaftswachstum leisten. Altersarmut oder schlechtere Kar-
braucht es Personengruppen, die Diese Tätigkeiten und damit ein- rierechancen könnten genauso
sich um die reproduktiven Aufga- hergehend auch das „Weibliche“ wie die ökonomische Abhängig-
ben (unter anderem Kindererzie- werden entsprechend abgewer- keit der Frauen von ihrem Lebens-
hung und Essenszubereitung) tet, was sich in systemisch unter- partner verringert werden. Zum
kümmern. Aufgrund von biologi- bezahlten sowie schlecht ausge- anderen würde es Männern mit
schen Faktoren wie der Gebärfä- stalteten Arbeitsplätzen äußert. bisher überlangen Arbeitszeiten
higkeit, aber auch aufgrund von Wenn soziale Dienstleistungen leichter gemacht, sich in die häus-
historisch und kulturell geprägten tatsächlich attraktive Beschäfti- liche Sorgearbeit einzubringen.
Erwartungen und Vorurteilen wer- gungsfelder darstellen oder ein Die Herausforderung einer ge-
den beide Bereiche anhand der Wechsel in diese Berufe nicht mit rechteren Aufteilung von Erwerbs-
Geschlechter verteilt: Männlichkeit Einkommenseinbußen und Sta- und Sorgearbeit, die sich auch in
wird als effizient und rational, tusverlust verbunden sein sollen, veränderten Arbeitszeitwünschen
Weiblichkeit als emotional und bedarf es einer (finanziellen wie der Beschäftigten zeigen, wurde in
fürsorglich definiert. Entsprechend auch gesellschaftlichen) Anerken- den letzten Jahren auch in der ge-
erfolgt die Aufteilung der Tätigkei- nung und Wertschätzung, insbe- werkschaftlichen Arbeit aufgegrif-
ten. Auch viele Kampagnen und sondere der Sorge- und Versor- fen und Zeitpolitik wieder verstärkt
die moderne Gesellschaft, die gungsarbeit. zum Thema in tariflichen Ausein-
Frauen gerade dann als emanzi- Dazu gehört auch, dass Care- andersetzungen.
piert und stark ansehen, wenn sie Arbeit gleichmäßiger verteilt wer- Die Arbeitskammer begrüßt die
möglichst beides – Sorgearbeit den muss. Frauen leisten durch- Debatte über Arbeitszeitverkür-
und berufliche Karriere – unter ei- zung sowie die Diskussion über
nen Hut bringen, bedienen diese Arbeitszeitverkürzung die Einführung von individuellen
stereotype Arbeitsteilung. So ent- könnte sich positiv auswirken Wahlarbeitszeitmodellen für die
steht für Frauen eine Doppelbe- Beschäftigten als ersten wichtigen
lastung oder sie geraten in ein Ab- schnittlich das 1,6-fache an Haus- Schritt. Aktuell hat die IG Metall mit
hängigkeitsverhältnis zum Partner. arbeit und das 2,4-fache an Für- der Ankündigung, sich für eine
Wenn Unternehmen die Perso- sorgearbeit. Eine Kernfrage, die Vier-Tage-Woche bei vollem
nalauswahl, Bezahlung und Karri- sich im Zusammenhang mit der Lohnausgleich in der nächsten Ta-
erewege ihrer Arbeitskräfte nach Förderung der Gleichstellung rifrunde der Stahlindustrie einzu-
dem Geschlecht differenzieren, stellt, ist die einer gerechten – also setzen, die Frage wieder promi-
beziehen sie sich darauf und nut- gleichmäßigeren – Aufteilung von nent in die Öffentlichkeit gebracht.
zen die Rollenzuschreibungen Erwerbs- und Sorgearbeitszeiten Arbeitszeitverkürzung ist keine
aus. Um zu einer tatsächlichen zwischen Männern und Frauen. Frage der ökonomischen Mach-
Gleichstellung zu gelangen, be- Arbeitszeit ist der entscheidende barkeit – es ist vielmehr eine Frage
darf es also nicht nur des morali- Faktor, mit dem das Verhältnis zwi- des politischen Willens und der
schen Willens zum Bruch mit der schen den Lebensbereichen der gesellschaftlichen Kräfteverhält-
Anwendung veralteter Rollenbil- Beschäftigten geprägt wird. Eine nisse. Als traditionelle Forderung
der, sondern auch eines Bruchs kollektive Arbeitszeitverkürzung der Arbeiterbewegung kann eine
mit der systemischen Logik, die mit entsprechendem Lohnaus- allgemeine Arbeitszeitverkürzung
diese weiterhin für sich auszunut- gleich könnte sich deutlich positiv ein Anknüpfungspunkt sein für
zen weiß und dadurch ständig re- auf das materielle Ungleichge- eine neue progressive Allianz aus
produziert. Ökonomisch liegt die wicht zwischen den Geschlech- gewerkschaftlichen und feministi-
besondere Herausforderung der tern auswirken, da weiblich ge- schen Kämpfen.
sogenannten frauenspezifischen prägte Teilzeit zu einer kurzen Voll-
Berufe darin, dass sie zwar gesell- zeit aufgewertet würde. Die mit ei- Jonas Boos ist Referent für
schaftlich unverzichtbar sind, aber ner Teilzeittätigkeit negativ Konjuktur- und Strukturpolitik.
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