Page 29 - AK-Konkret: 6 | 2023 | AK-SPEZIAL „Leben und Freizeit“
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Arbeitswelten
„Ein sehr vielfältiger Beruf und
man lernt jeden Tag dazu“
PORTRÄT Kerstin Moltzen ist Garten- und Landschaftsbauerin
Von Katja Sponholz (Text) und Pasquale D‘Angiolillo (Foto)
Manche haben das große Glück, vom ersten Moment „Das ist so – wir arbeiten im Urlaub!“ sagt Kerstin
an in ihrem Arbeitsleben ihren Traumjob gefunden zu Moltzen fröhlich. Neid empfindet sie gegenüber den
haben. Bei Kerstin Moltzen aus Marpingen hat das je- Besitzern schöner Grundstücke jedoch nicht. „Ich
doch Jahrzehnte gedauert. Die 48-Jährige war genau gönne das allen und finde das auch toll! Ich freue
40 Jahre alt, als sie ihre Tätigkeit als Sekretärin bei ei- mich für jeden, der alles so gestalten und machen
ner großen Krankenkasse an den Nagel hängte und kann, wie er gerne möchte.“ Das macht sie selbst
stattdessen das machte, was sie sich schon als Ju- schließlich auch, seitdem sie ihren Beruf und ihre Be-
gendliche gewünscht hatte: eine Ausbildung zur rufung als Landschaftsgärtnerin gefunden hat: Auch
Gärtnerin der Fachrichtung Garten- und Landschafts- im eigenen Garten konnte sie seitdem schon viele
bau. Warum sie den sicheren Job aufgab und noch neue Ideen umsetzen. Mittlerweile hat sie nicht nur
einmal diesen kompletten Neuanfang wagte? „Ich einige Umpflanzungen vorgenommen, sondern auch
war schon immer gerne draußen, habe im den Vorgarten komplett umgestaltet und
Garten gearbeitet und mit den Händen in Es kommen immer Wege und Terrasse neu angelegt.
der Erde gewühlt“, sagt sie. Doch nach neue Arbeiten hinzu.
dem Fachabitur hatte sie als junge Frau Die Hälfte ihrer Arbeitszeit verbringt Kers-
seinerzeit keinen Ausbildungsplatz gefun- Kein Tag ist tin Moltzen jedoch auch am Schreibtisch,
den. Umso mehr freut es sie bis heute, wie der andere, pflegt Kundenkontakte, vereinbart Ter-
dass Daniela Moser aus Schiffweiler ihr die man steht ständig mine und erstellt Kostenschätzungen. An-
Chance gab und sie einstellte. „Das Team vor neuen sonsten ist sie jedoch unter freiem Himmel
ist super und von solch einer Chefin, die Herausforderungen. beschäftigt – ganz gleich, wie das Wetter
fachlich eine absolute Koryphäe ist, kann ist. Ob sie sich dann nicht manchmal in ihr
ich jeden Tag etwas lernen!“, sagt Moltzen. warmes, trockenes Büro der Krankenkasse
zurücksehnt? „Nein!“, sagt sie. „Natürlich ist
Auch nach acht Jahren empfindet sie das es nicht wirklich prickelnd, wenn es den
täglich als Highlight. „Es kommen immer ganzen Tag regnet – aber das wusste ich ja
neue Arbeiten hinzu. Kein Tag ist wie der vorher. Und die gute Laune im Team bleibt
andere, man steht ständig vor neuen Herausforde- auch bestehen!“
rungen. Als Landschaftsgärtnerin hat man einfach ei-
nen sehr sehr vielfältigen Beruf!“ Genau deshalb hatte Dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat, steht
sie sich auch für diese Variante der Gärtner-Ausbil- für sie außer Frage. Deshalb hat sie nur noch einen
dung und nicht für das „reine Grün“ wie in anderen Wunsch für ihre berufliche Zukunft: „Dass es so wei-
Fachrichtungen entschieden. Denn Kerstin Moltzen tergeht und ich bis zur Rente hierbleiben kann!“
liebt es, nicht nur mit Pflanzen, sondern auch mit Stei-
nen und Mauern zu arbeiten. „Da muss man schon ein
bisschen Handwerker sein, um das alles machen zu
können“, gibt sie zu. Und vor allem muss sie sich dafür HINTERGRUND
nicht nur mit vielen Materialien auskennen, sondern
auch diverse Geräte und Maschinen bedienen kön- Für die dreijährige Ausbildung zur/m
nen: angefangen von Rasenmähern über Hecken- Gärtner/in der Fachrichtung Garten- und
schere und Freischneider bis zu Bagger, Radlader Landschaftsbau ist laut Bundesagentur für
oder Rüttelplatte. Arbeit keine bestimmte Schulbildung vor-
geschrieben. In der Praxis ist überwiegend
So abwechslungsreich wie der Beruf, so vielfältig sind der mittlere Bildungsabschluss gefragt.
auch die Projekte, die Kerstin Moltzen mit den rund
30 Kolleginnen und Kollegen stemmt – je nach Größe Zu den Anforderungen zählen Geschicklich-
des Auftrags in kleineren oder größeren Teams. Mal keit, Verantwortungsbewusstsein, Sorgfalt,
bei Pflegearbeiten in nur zwei Tagen, mal bei Groß- Umsicht, Auge-Hand-Koordi nation, Kun-
aufträgen, die länger als vier Monate dauern. Etwa, als denorientie rung und Flexibilität.
ein komplettes Grundstück gerodet und auf verschie-
denen Ebenen neu mit Steinen und Pflanzen gestal- Die Ausbildungsvergütung beträgt 1017
tet wurde. Und das Portfolio, das der Meisterbetrieb Euro im ersten Jahr. Laut Stepstone.de
von Daniela Moser anbietet, ist groß: Es reicht von können Gärtner im Garten- und Land-
klassischen Pflege-, Mäh- und Bepflanzungsarbeiten schaftsbau ein mittleres Jahresgehalt
über Pflaster- und Natursteinarbeiten, Trockenmau- von 34.000 Euro erwarten. ks
ern, Terrassen- und Holzbau bis hin zum Teichbau.
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