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Arbeitswelten
            „Ein sehr vielfältiger Beruf und



                  man lernt jeden Tag dazu“




                        PORTRÄT  Kerstin Moltzen ist Garten- und Landschaftsbauerin

                                  Von Katja Sponholz (Text) und Pasquale D‘Angiolillo (Foto)
        Manche haben das große Glück, vom ersten Moment         „Das ist so –  wir arbeiten im Urlaub!“ sagt Kerstin
        an in ihrem Arbeitsleben ihren Traumjob gefunden zu     Moltzen fröhlich. Neid empfindet sie gegenüber den
        haben. Bei Kerstin Moltzen aus Marpingen hat das je-    Besitzern  schöner  Grundstücke  jedoch  nicht.  „Ich
        doch Jahrzehnte gedauert. Die 48-Jährige war genau      gönne  das  allen  und  finde  das  auch  toll!  Ich  freue
        40 Jahre alt, als sie ihre Tätigkeit als Sekretärin bei ei-  mich  für  jeden,  der  alles  so  gestalten  und  machen
        ner großen Krankenkasse an den Nagel hängte und         kann,  wie  er  gerne  möchte.“  Das  macht  sie  selbst
        stattdessen das machte, was sie sich schon als Ju-      schließlich auch, seitdem sie ihren Beruf und ihre Be-
        gendliche  gewünscht  hatte:  eine  Ausbildung  zur     rufung als Landschaftsgärtnerin gefunden hat: Auch
        Gärtnerin der Fachrichtung Garten- und Landschafts-     im eigenen Garten konnte sie seitdem schon  viele
        bau. Warum sie den sicheren Job aufgab und noch         neue Ideen umsetzen. Mittlerweile hat sie nicht nur
        einmal  diesen  kompletten  Neuanfang  wagte?  „Ich     einige Umpflanzungen vorgenommen, sondern auch
        war schon immer gerne draußen, habe im                           den Vorgarten komplett umgestaltet und
        Garten gearbeitet und mit den Händen in   Es kommen immer        Wege und Terrasse neu angelegt.
        der  Erde  gewühlt“,  sagt  sie.  Doch  nach   neue Arbeiten hinzu.
        dem  Fachabitur  hatte  sie  als  junge  Frau                    Die Hälfte ihrer Arbeitszeit verbringt Kers-
        seinerzeit keinen Ausbildungsplatz gefun-   Kein Tag ist         tin Moltzen jedoch auch am Schreibtisch,
        den.  Umso  mehr  freut  es  sie  bis  heute,   wie der andere,    pflegt  Kundenkontakte,  vereinbart  Ter-
        dass Daniela Moser aus Schiffweiler ihr die   man steht ständig    mine und erstellt Kostenschätzungen. An-
        Chance gab und sie einstellte. „Das Team     vor neuen           sonsten ist sie jedoch unter freiem Himmel
        ist  super  und von  solch  einer  Chefin,  die   Herausforderungen.  beschäftigt – ganz gleich, wie das Wetter
        fachlich eine absolute Koryphäe ist, kann                        ist. Ob sie sich dann nicht manchmal in ihr
        ich jeden Tag etwas lernen!“, sagt Moltzen.                      warmes, trockenes Büro der Krankenkasse
                                                                         zurücksehnt? „Nein!“, sagt sie. „Natürlich ist
        Auch nach acht Jahren empfindet sie das                          es  nicht  wirklich  prickelnd,  wenn  es  den
        täglich  als  Highlight.  „Es  kommen  immer                     ganzen Tag regnet – aber das wusste ich ja
        neue Arbeiten hinzu. Kein Tag ist wie der                        vorher. Und die gute Laune im Team bleibt
        andere,  man  steht  ständig  vor  neuen  Herausforde-  auch bestehen!“
        rungen. Als Landschaftsgärtnerin hat man einfach ei-
        nen sehr sehr vielfältigen Beruf!“ Genau deshalb hatte   Dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat, steht
        sie  sich  auch  für  diese Variante  der  Gärtner-Ausbil-  für sie außer Frage. Deshalb hat sie nur noch einen
        dung  und  nicht  für  das  „reine  Grün“ wie  in  anderen   Wunsch für ihre berufliche Zukunft: „Dass es so wei-
        Fachrichtungen  entschieden.  Denn  Kerstin  Moltzen    tergeht und ich bis zur Rente hierbleiben kann!“
        liebt es, nicht nur mit Pflanzen, sondern auch mit Stei-
        nen und Mauern zu arbeiten. „Da muss man schon ein
        bisschen Handwerker sein, um das alles machen zu
        können“, gibt sie zu. Und vor allem muss sie sich dafür       HINTERGRUND
        nicht nur mit vielen Materialien auskennen, sondern
        auch  diverse  Geräte  und  Maschinen  bedienen  kön-           Für die dreijährige Ausbildung zur/m
        nen:  angefangen  von  Rasenmähern  über  Hecken-                Gärtner/in der Fachrichtung Garten- und
        schere  und  Freischneider  bis  zu  Bagger,  Radlader           Landschaftsbau ist laut Bundesagentur für
        oder Rüttelplatte.                                               Arbeit keine bestimmte Schulbildung vor-
                                                                         geschrieben. In der Praxis ist überwiegend
        So abwechslungsreich wie der Beruf, so vielfältig sind           der mittlere  Bildungsabschluss gefragt.
        auch die Projekte, die Kerstin Moltzen mit den rund
        30 Kolleginnen und Kollegen stemmt – je nach Größe              Zu den Anforderungen zählen Geschicklich-
        des Auftrags in kleineren oder größeren Teams. Mal               keit, Verantwortungsbewusstsein, Sorgfalt,
        bei Pflegearbeiten in nur zwei Tagen, mal bei Groß-              Umsicht, Auge-Hand-Koordi nation, Kun-
        aufträgen, die länger als vier Monate dauern. Etwa, als          denorientie rung und Flexibilität.
        ein komplettes Grundstück gerodet und auf verschie-
        denen Ebenen neu mit Steinen und Pflanzen gestal-               Die Ausbildungsvergütung beträgt 1017
        tet wurde. Und das Portfolio, das der Meisterbetrieb             Euro im ersten Jahr. Laut Stepstone.de
        von  Daniela  Moser  anbietet,  ist  groß:  Es  reicht  von      können Gärtner im Garten- und Land-
        klassischen Pflege-, Mäh- und Bepflanzungsarbeiten               schaftsbau ein mittleres Jahresgehalt
        über  Pflaster-  und  Natursteinarbeiten,  Trockenmau-           von 34.000 Euro erwarten.                          ks
        ern, Terrassen- und Holzbau bis hin zum Teichbau.

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