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Kunst + Kultur
                           Mit neuem Eingang in eine


                           zweite starke Jahreshälfte



                           VÖLKLINGER HÜTTE  Die Besucher erwartet ein vielversprechendes Programm

                           Neben hochwertigen Ausstellun-  lität  von  Menschen,  Rohstoffen   die hier zwei Jahre bleibt, nennt er
                           gen können sich die Besucher   und Endprodukten nötig war, um   „We all (Except the Others)“. Nach
                           des Weltkulturerbes in Völklingen   die industrielle Produktion zu ei-  so  viel  Ausstellungen bietet sich
                           künftig auch auf einen neuen   nem Erfolgsgeschäft zu machen.   vom 1. bis 17. September  jeweils an
                           Eingang zum Hüttenareal freuen.   So kamen die Erze für die Eisen-  den Wochenenden Abwechslung
                           Der historische Wasserhochbe-  produktion nicht nur aus der Nach-  mit performativer Kunst. Bei den
                           hälter wird dazu für insgesamt 6,9   barschaft Lothringen, sondern ab   „Transdisziplinären Projekttagen in
                           Millionen Euro saniert und soll   1919 auch aus Schweden und Nor-  situ“, ein  wiederkehrendes neues
                           bereits beim Betreten jede    wegen, nach 1955 sogar aus Aus-  Format,  werden Künstler eigens
                           Menge Industriekultur-Ambiente   tralien. Nach den lokalen Wander-  für das  Außengelände des  Welt-
                           versprühen.                   arbeitern rekrutierte man für die   kulturerbes entworfene Projekte
                                                         Hütte Migranten aus dem Ruhrge-  präsentieren, die Musik,  Theater
                           Von Silvia Buss               biet, aus Polen, Zwangsarbeiter   und Kunst zu einem Gesamterleb-
                                                         aus ganz Europa und später Gast-  nis verbinden.  Höhepunkt von
                           Neues Empfangsgebäude, neue   arbeiter aus Italien und der Türkei.   „1200° – Musik Theater Kunst“ wird
                           Wege, neue  Ausstellungen mit                              die Installation „Orakelmaschine“
                           Geschichte, Kunst,  Theater und   Das Programm setzt auf   des renommierten Musiktheater-
                           Musik – auch in der zweiten Hälfte   Qualität statt Masse  Komponisten und -Machers Hei-
                           des Jubiläumsjahres zum 150-jäh-                           ner Goebbels sein. Das aus Neu-
                           rigen Bestehen der  Völklinger   Auch der Schweizer Rémy Mar-  stadt/Weinstraße gebürtige inter-
                           Hütte gönnen Generaldirektor Ralf   kowitsch, der ab 27. August in der   national bekannte Schwergewicht
                           Beil und sein Team den Besuchern   Hängewagenwerkstatt ausstellt,   begann seine Karriere einst im
                           keine  Atempause. Beils Pro-  befasst sich mit der Geschichte   „Linksradikalen  Blasorchester“
                           gramm, das mutig auf Qualität und   der Hütte, jedoch auf künstleri-  und Avantgarde-Jazz.
                           Herausforderung statt auf Masse   sche Weise. Wer Julian Rosefeldt   Am 3. September heißt es übri-
                           setzt, klingt so spannend, da   mag, wird auch Markowitsch mö-  gens: Letzte Chance für einen Be-
                           möchte man eigentlich nichts ver-  gen, ist man geneigt zu prophe-  such der fulminanten Julian Rose-
                           passen.                       zeien. Sein „Gesamtwerk durch-  feldt-Schau. Ab 15. Oktober gehört
                             Mit der im Juli gestarteten neuen   zieht eine große Erzählung aus   die Gebläsehalle nebst der  Ver-
                     Der   Dauerausstellung (bis 2028) unter   vielschichtigen Bezügen, in der   dichterhalle dann für knapp ein
               historische   dem  flotten  Titel  „Bewegung.   sich kunsthistorische, politische   Jahr der Nachfolge-Schau „Der
             Wasserhoch-   Macht. Geschichte.“ kann man   oder ökonomische  Verweise be-  Deutsche Film“. In Zusammenar-
             behälter wird   vorab schon mal in die erste Etage   rühren“, so heißt es über den   beit mit der Deutschen Kinema-
                 das neue   des Hochbehälters blicken. Die   Schweizer, mit dem Ralf Beil schon   thek  Berlin will  Beil  das  gesamte
                Eingangs-  historische Schau, eine Eigenpro-  stark beachtete  Ausstellungen in   Panorama des deutschen Films
             gebäude der   duktion des  Weltkulturerbes, hat   Darmstadt und der  Autostadt   von den Anfängen 1895 bis heute
                Völklinger   einen interessanten  Ansatz: Sie   Wolfsburg realisierte. Seine neue   aufblättern und nicht nur mit Fil-
                   Hütte.   führt uns vor Augen, wie viel Mobi-  „Totalinstallation“  für Völklingen,   men und Objekten, auch „immer-
                                                                                      siv“, also zum Hineintauchen, er-
                                                                                      lebbar machen. Das wohl bedeu-
                                                                                      tendste Erlebnis des  Jahres aber
                                                                                      wird  wohl  die  Verwandlung  des
                                                                                      historischen  Wasserhochbehäl-
                                                                                      ters von 1917/18 in ein modernes,
                                                                                      allen Erfordernissen genügendes
                                                                                      Industriekultur-Eingangsgebäude
                                                                                   Foto: Ralf Beil /Welkulturerbe Völklinger Hütte  ins Weltkulturerbe soll der Besu-
                                                                                      werden. Die  Zeit der  Notbehelfe
                                                                                      soll dann  vorbei sein. Schon auf
                                                                                      den ersten Metern beim Eintreten

                                                                                      cher staunen können. Wenn es ge-
                                                                                      lingt,  sind  die  6,9  Millionen  Euro
                                                                                      Investitionskosten gut angelegt.
                                                                                      Die offizielle Eröffnung des neuen
                                                                                      Eingangs ist am 1. Oktober.


                                                                                      Journalistin in Saarbrücken.


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