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Titelthema zur Krise
heiße sogar: Das Ausland erhalte Wohlfahrtsverband derzeit von massiv benachteiligt.“ Ein Be-
Milliardenhilfen, doch wir hier Armut bedroht seien. Tselios reich, der für Grenzgängerinnen
bekämen nichts, weil die Schul- und Achenbach rechnen denn sehr kompliziert und voller Hin-
denbremse eingehalten werden auch damit, dass in diesem Se- dernisse ist, ist die Telearbeit,
müsse. Schon, auch das be- mester mehr Studierende als also die Möglichkeit, von zu
kommt Kleber zu hören, gehe es bisher einen Antrag auf Notfall- Hause aus zu arbeiten, sagt Tho-
wieder los, dass Geflüchtete we- hilfe stellen werden. mas Schulz, Grenzgängerbera-
gen der Sozialleistungen oder Knapp 20.000 Studierende an ter und Pressesprecher des DGB
an der Lebensmittel-Tafel be- den staatlichen Hochschulen in Saarbrücken. „Der europäi-
argwöhnt werden, weil sie da mit gibt es im Saarland, fast ebenso sche Wirtschafts- und Sozial-
den armen Rentnern konkurrie- klein oder groß ist die Gruppe ausschuss hatte bereits im Mai
ren. Das Schlimme sei, dass so der Arbeitnehmer, die täglich eine umfassende Darstellung
vieles zusammenkomme, dass aus Lothringen zur Arbeit ins der Problematik zur Telearbeit in
alles gleichzeitig teurer werde Saarland einpendeln. Wie kom- Grenzregionen vorgelegt und
und kein Limit in Aussicht sei. men sie in dieser Situation zu- fordert das Recht auf 96 Tage,
Diese Ungewissheit fördere die recht? Immerhin sind ja die das wären zwei Tage pro Woche
Ängste und den Sozialneid. Spritpreise in Frankreich deut- Telearbeit im Jahr für Grenzgän-
Auch von den Studierenden lich niedriger. Sie seien als Ar- ger, ohne dass ihnen der Grenz-
hieß es bisher öfter, sie fühlten beitnehmerinnen und Arbeit- gängerstatus aberkannt wird“,
sich in der aktuellen Krise von nehmer genau so von der Krise sagt Schulz. Er kennt die Schwie-
der Politik vergessen. Was sagen und der Inflation betroffen wie rigkeiten aus eigenem Erleben,
zwei ihrer Vertreter, Irini Tselios Nicht-Grenzgänger, sagt Arsène wohnt er doch seit April in For-
und Lukas Achenbach, die Vor- Schmitt, Präsident der Grenz- bach und pendelt zum Arbeiten
sitzenden der Allgemeinen Stu- gängervereinigung Moselle nach Saarbrücken. Aus Angst
dierendenausschüsse (AStA) CDTFM (Comité de Défense des vor Doppelbesteuerung habe er
von der Saar-Universität und der Travailleurs Frontaliers de la Mo- darauf verzichtet, die großzügi-
Hochschule für Technik und selle). Die Grenzgänger litten zu- gen Angebote seines Arbeitge-
Wirtschaft dazu? Die Energie- sätzlich immer noch unter der bers zur Telearbeit wahrzuneh-
kostenpauschale von 200 Euro „skandalösen und unerträgli- men, sagt er. Stattdessen arbeite
für Studierende sei zwar eine chen Doppelbesteuerung in Be- er nur vom Büro aus, um einen
zug auf Kurzarbeit“, fährt Schmitt Puffer für Notfälle zu haben, in
Studierende können die fort. „Es ist eine Schande zu se- denen er unfreiwillig gezwun-
Miete nicht mehr zahlen hen, dass der Arbeitsminister gen wäre, von zu Hause aus zu
das deutsch-französische Steu- arbeiten und harrt einer politi-
gute Sache, aber sie komme et- erabkommen nicht einhält, das schen Lösung des Problems.
was spät und sei auch nur ein besagt, dass Kurzarbeit aus- Auch das Grenzgänger-Komit-
Tropfen auf den heißen Stein, schließlich in Frankreich zu ver- tee fordert eine Ausweitung der
sind sich die beiden Asta-Vorsit- steuern ist. Und er setzt das Ur- Telearbeit. Man habe sich des- Grenzgänger
zenden einig. Denn es seien ja teil des Bundessozialgerichts wegen bereits an die Europäi- leiden zudem
nicht nur die Kosten für Energie vom 3. November 2021 in Kassel sche Kommission gewandt, sagt noch unter
gestiegen, sondern auch für al- nicht um, das besagt, dass bei Arséne Schmitt. der Doppel-
les andere, da leppere sich also der Berechnung dieser Leistung besteuerung
einiges zusammen. „Allein in keine Steuern abgezogen wer- Silvia Buss arbeitet als freie in Bezug auf
unserem Freundeskreis sind den dürfen. Sie werden also Journalistin in Saarbrücken. Kurzarbeit.
schon mehrere Leute umgezo-
gen, weil die Mietpreise erhöht
wurden und sie sich das nicht
mehr leisten konnten“, sagt Tse-
lios. Der BAföG-Höchstsatz ist
zwar zu diesem Winter auf 934
Euro erhöht worden, doch bun-
desweit und auch im Saarland
bekommen nur elf Prozent der
Studierenden überhaupt diese
staatliche Studienförderung.
Weil das BAföG an der Lebens-
realität der Studierenden vorbei
gehe und durch etliche Restrik-
tionen von vornherein viele Stu-
dierende unabhängig vom Ein-
kommen der Eltern ausschließe, Foto: Adobe Stock/MQ-Illustrations
wie der Generalsekretär des
Deutschen Studentenwerks im
September im Deutschlandfunk
sagte. Ein Drittel der Studieren-
den sollen laut Paritätischem
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