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Titelthema zur Krise
„Energieeffiziente Umbauten
sparen langfristig viel Geld“
INTERVIEW Für Thomas Kreten ist eine Weiterbildungsoffensive unabdingbar
Dem Fachkräftemangel muss ent- im Monat mit den Einkünften von gilt als zentral bei der Bewälti-
gegengewirkt, die Klimakrise be- Geringverdienern verschwimmen. gung der Transformation, hat aber
wältigt werden. Das gelingt nur mit Nur zieht er daraus die vollkom- mit Personalengpässen und
einer Aus- und Weiterbildungsof- men verkehrten Schlüsse. Denn es Fachkräftemangel zu kämpfen.
fensive, erklärt Thomas Kreten, darf jetzt nicht heißen, runter mit Was braucht es, um wieder mehr
Stellvertretender Regionalleiter der dem Bürgergeld, sondern rauf mit Menschen für handwerkliche Be-
IG Bauen-Agrar-Umwelt Rhein- den Löhnen. rufe zu begeistern?
land-Pfalz-Saarland, im Interview. Hier hilft eine Aus- und Weiterbil-
Die Fragen stellten die Redaktion Die Klimakrise kann nur bewältigt dungsoffensive. Gerade im Be- Thomas
und die Abteilung Wirtschaft. werden, wenn im Gebäudesektor reich der energetischen Gebäude- Kreten
erhebliche Anstrengungen für die sanierung ist besonders letztere ist seit 2020
Herr Kreten, wie bewerten Sie das energetische Sanierung unter- notwendig, aber bislang Mangel- Stellvertreten-
Entlastungspaket aus Sicht der nommen werden. Wie kann das ware. Das Hauptproblem: Klein- der Regional-
Branchen, die Sie als IG BAU ver- so gelingen, dass die Bürger nicht und kleinstbetrieblich geprägte leiter der IG
treten? überfordert werden? Welche Handwerke sind dazu nur be- BAU Rhein-
Insgesamt ist das Entlastungspa- Rolle muss die öffentliche Hand grenzt selbst in der Lage. Zudem land-Pfalz-
ket ein Schritt in die richtige Rich- spielen? haben Gespräche mit Arbeitge- Saarland. Der
tung. Mehr geht immer! Es ist aber Öffentliche Gebäude im Saarland, berverbänden über tarifliche Re- gelernte
ein wirkungsvolles Instrument, um die eine schlechte CO -Bilanz ha- gelungen von Weiterbildung bis- Beton- und
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die Menschen in den von uns ver- ben, müssen mit Hochdruck ener- her zu keinem Ergebnis geführt. Stahlbeton-
tretenen Branchen zu unterstüt- getisch saniert werden. In Zeiten Die IG BAU ist der Auffassung, dass bauer ist seit
zen – um Deutschland besser extremer Gaspreise muss der Qualifizierung zur Sicherung von 1995 in
durch den drohenden Krisenwin- Staat die Umweltbilanz seiner ei- Beschäftigung beiträgt. Beschäf- verschiede-
ter zu bringen. Viele Haushalte genen Bauten unter die Lupe neh- tigte können direkt in Form von nen Funktio-
müssen heute schon auf jeden men. Wir brauchen eine faire und Lohnsteigerungen, etwa durch nen als
Euro achten. Diese Situation wird gründliche Bestandsaufnahme. höhere Eingruppierung, profitie- Gewerk-
sich enorm zuspitzen. Die Bundes- Dort, wo am meisten verschleu- ren. Um flächendeckende Weiter- schaftssekre-
regierung bietet damit auch der dert wird, muss die Sanierung Pri- bildung auch in kleineren Betrie- tär tätig.
Wirtschaft ein Instrument, um ge- orität haben. Die Maßnahmen spa- ben zu erreichen, braucht es eine
genzusteuern und Verantwortung ren langfristig viel Geld. Energieef- branchenübergreifende, überbe-
zu zeigen. Die steuerfreie Sonder- fiziente Umbauten sind zudem ein triebliche Regelung zur Weiterbil-
zahlung ist ein „zentraler Wirkstoff“ wichtiger Beitrag im Kampf gegen dung für energetische Gebäude-
im Entlastungspaket. Jetzt sind die den Klimawandel. Kommunal- sanierung. Zudem müssen an
Arbeitgeber am Zug, ihm Wirkung und Landespolitik müssen die In- Hochschulen mehr Architektinnen
zu verschaffen. Die Einmalzahlun- vestitionen vorantreiben. und Ingenieure in den Bereichen
gen für Rentner und Studierende Gebäudeeffizienz ausgebildet
treffen die, die bislang zu kurz ge- Das Handwerk, allen voran das werden. Die komplexeren Maß-
kommen sind. Bauhandwerk, ist durch Energie- nahmen erfordern nämlich um-
und Wärmewende gefordert und fangreichere Planungsleistungen.
Medienberichten zufolge hat der
Handwerksverband die Pläne für
das Bürgergeld, das 2023 Hartz
IV ersetzen soll, kritisiert. Es setze
die falschen Anreize für Gering-
verdiener – teilweise werden im
Handwerk ja niedrige Löhne ge-
zahlt – und könne dazu führen,
dass sich für mehr Menschen als
bisher das Nicht-Arbeiten mehr
lohnt als das Arbeiten. Was sagen
Sie dazu?
Ich stimme dem Präsidenten des Foto: Adobe Stock/Ingo Bartussek
Zentralverbandes des Deutschen
Handwerks Hans Peter Wollseifer
zu, wenn er sagt, dass die Grenzen
zwischen dem von der Bundesre-
gierung beabsichtigten neuen
Bürgergeld in Höhe von 502 Euro Gebäudesanierungen spielen bei der Bewältigung der Klimakrise eine bedeutende Rolle.
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