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Kinos, Theater
                                                                                                 und Konzert-
                                                                                                 hallen haben
                                                                                                 gerade be-
                                                                                                 gonnen, sich
          Adobe Stock/Nejron Photo                                                               Corona-Krise
                                                                                                 von der
                                                                                                 zu erholen.
                                                                                                 Nun setzt
                                                                                                 ihnen die
                                                                                                 Energiekrise
                                                                                                 zu.
        Die Kultur braucht mehr Sicherheit


        KULTUR IN DER KRISE Die Branche benötigt eine nachhaltige Transformation


        Die Auswirkungen von Inflation   Krise, anderen droht der dritte   bots bundesweit zu sichern.
        und Energiekrise werden den   Krisenwinter die Existenzgrund-  Entsprechend ist die Forderung
        Privathaushalten, zwangsläufig   lage zu entziehen. Denn  wenn   der Kulturstaatsministerin, nicht
        aber auch dem ohnehin        Kulturbetriebe gezwungen sind,   gebundene Restmittel des Son-
        gebeutelten Kulturbereich    noch mehr einzusparen, wird es   derfonds  Kultur  zu  nutzen,  zu
        zusetzen. Umso mehr stehen   für einige von ihnen eng.     begrüßen.  Doch   punktuelle
        Bund, Länder und Kommunen      Nach erheblichen Einbußen   Kompensationsversuche grei-
        in der Pflicht, schnell abrufbare   durch die Pandemie kehrt das   fen zu kurz. Es braucht eine
        Unterstützungsleistungen     Publikum gerade erst wieder in   nachhaltige Transformation, um
        bereitzustellen und nachhal-  Theater,  Kinos  und  zu  anderen   die Kulturbranche auf ein siche-
        tige Konzepte für eine längst   Veranstaltungsorten  zurück.  reres Fundament zu stellen.
        überfällige Transformation des   Dieser  leicht  positive  Trend   Denn daran sind auch Fragen
        Kultursektors zu entwickeln.   dürfte angesichts steigender   nach der Stabilität unserer de-
                                     Energie- und Materialkosten   mokratischen Verfasstheit  ge-
        Von Tabea Hust               rückläufig  sein.  Ob  Beheizung   knüpft. Kultur ist mehr als
                                     der Räumlichkeiten, Kühlung   schöne  Unterhaltung,  sie  ist
        Das noch junge Jahrzehnt stellt   von Getränken oder Drucken   Dreh- und  Angelpunkt gesell-
        für  unsere  westlichen  Lebens-                           schaftlicher Aushandlungspro-
        gewohnheiten  eine   Zeiten-      Kultur ist mehr als      zesse, fungiert als soziales Bin-
        wende dar, hat sicher Geglaub-   schöne Unterhaltung       deglied.
        tes in Frage gestellt. Wir blicken                           Insbesondere in Krisenzeiten
        nicht nur auf zweieinhalb Jahre   von Programmheften – für all   wissen Menschen daher kultu-
        Pandemie zurück, sondern in-  dies  stehen  feste  Budgets  zur   relle Angebote  zu  schätzen,  ist
        zwischen auch auf ein Dreivier-  Verfügung. Eine Weitergabe der   sich  Ingrid  Kraus,  Leiterin  des
        teljahr Krieg in Europa. Der Blick   Preissteigerungen an die Besu-  Kino  Achteinhalb in Saarbrü-
        in die Zukunft: ungewiss. Die   cherinnen und Besucher ist   cken,  sicher:  „Es  wird  immer
        Energiekrise fordert zum Um-  kaum möglich, wäre sogar kont-  wieder Krisenzeiten geben, aber
        denken und Handeln auf, ob im   raproduktiv. Zudem sind vieler-  das Kino wird bleiben“. Ihrer An-
        privaten oder öffentlichen Raum.   orts dringend energetische Sa-  sicht nach bedarf es perspekti-
        Keine gänzlich neue Erfahrung   nierungen  nötig.  Erschöpfung   visch einer stetigen  Weiterent-
        für  Kulturschaffende.  Das  Kri-  und schwindende Zuversicht   wicklung der gesamten Kultur-
        senhafte, Ungewisse, Prekäre   machen sich breit.          szene  und  -förderung,  um  kri-
        kann getrost als Modus Vivendi   Die Kulturpolitische Gesell-  senfest  und  für  jüngere
        des Kulturbetriebs bezeichnet   schaft hat jüngst ein Positions-  Generationen attraktiv zu blei-
        werden, musste die Branche in   papier  veröffentlicht,  das  die   ben. Zudem ist im Rahmen der
        den  vergangenen  Jahren  doch   Notlage  verdeutlicht. Und die   Kulturhoheit  der  Länder  die
        immer wieder unter Beweis stel-  macht  erfinderisch:  Einige  Be-  Rolle des Bundes neu zu disku-
        len,  wie  anpassungs-  und  lei-  triebe haben bereits in Eigenre-  tieren,  da  eine  Transformation
        densfähig sie ist. Das soll kei-  gie  Maßnahmen  ergriffen,  um   der  kulturellen  Infrastruktur
        nesfalls  glorifizierend  anmuten.   handlungsfähig zu bleiben und   ohne Bundesmittel kaum gelin-
        Manche Kulturschaffenden und   –  wo  möglich  –  einzusparen.   gen wird.
        -institutionen  kamen  dank  Jetzt gilt es, Förderbudgets auf-
        staatlicher  Corona-Hilfspro-  zustocken, um den Fortbestand   Tabea Hust ist Referentin für
        gramme  glimpflich  durch  die   des reichhaltigen Kulturange-  Bildungs- und Kulturpolitik.

                                                                                        AK-Konkret 5|22  ·  31
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