Page 31 - AK-Konkret: 5 | 2022 + AK-SPEZIAL Weiterbildung
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Kinos, Theater
und Konzert-
hallen haben
gerade be-
gonnen, sich
Adobe Stock/Nejron Photo Corona-Krise
von der
zu erholen.
Nun setzt
ihnen die
Energiekrise
zu.
Die Kultur braucht mehr Sicherheit
KULTUR IN DER KRISE Die Branche benötigt eine nachhaltige Transformation
Die Auswirkungen von Inflation Krise, anderen droht der dritte bots bundesweit zu sichern.
und Energiekrise werden den Krisenwinter die Existenzgrund- Entsprechend ist die Forderung
Privathaushalten, zwangsläufig lage zu entziehen. Denn wenn der Kulturstaatsministerin, nicht
aber auch dem ohnehin Kulturbetriebe gezwungen sind, gebundene Restmittel des Son-
gebeutelten Kulturbereich noch mehr einzusparen, wird es derfonds Kultur zu nutzen, zu
zusetzen. Umso mehr stehen für einige von ihnen eng. begrüßen. Doch punktuelle
Bund, Länder und Kommunen Nach erheblichen Einbußen Kompensationsversuche grei-
in der Pflicht, schnell abrufbare durch die Pandemie kehrt das fen zu kurz. Es braucht eine
Unterstützungsleistungen Publikum gerade erst wieder in nachhaltige Transformation, um
bereitzustellen und nachhal- Theater, Kinos und zu anderen die Kulturbranche auf ein siche-
tige Konzepte für eine längst Veranstaltungsorten zurück. reres Fundament zu stellen.
überfällige Transformation des Dieser leicht positive Trend Denn daran sind auch Fragen
Kultursektors zu entwickeln. dürfte angesichts steigender nach der Stabilität unserer de-
Energie- und Materialkosten mokratischen Verfasstheit ge-
Von Tabea Hust rückläufig sein. Ob Beheizung knüpft. Kultur ist mehr als
der Räumlichkeiten, Kühlung schöne Unterhaltung, sie ist
Das noch junge Jahrzehnt stellt von Getränken oder Drucken Dreh- und Angelpunkt gesell-
für unsere westlichen Lebens- schaftlicher Aushandlungspro-
gewohnheiten eine Zeiten- Kultur ist mehr als zesse, fungiert als soziales Bin-
wende dar, hat sicher Geglaub- schöne Unterhaltung deglied.
tes in Frage gestellt. Wir blicken Insbesondere in Krisenzeiten
nicht nur auf zweieinhalb Jahre von Programmheften – für all wissen Menschen daher kultu-
Pandemie zurück, sondern in- dies stehen feste Budgets zur relle Angebote zu schätzen, ist
zwischen auch auf ein Dreivier- Verfügung. Eine Weitergabe der sich Ingrid Kraus, Leiterin des
teljahr Krieg in Europa. Der Blick Preissteigerungen an die Besu- Kino Achteinhalb in Saarbrü-
in die Zukunft: ungewiss. Die cherinnen und Besucher ist cken, sicher: „Es wird immer
Energiekrise fordert zum Um- kaum möglich, wäre sogar kont- wieder Krisenzeiten geben, aber
denken und Handeln auf, ob im raproduktiv. Zudem sind vieler- das Kino wird bleiben“. Ihrer An-
privaten oder öffentlichen Raum. orts dringend energetische Sa- sicht nach bedarf es perspekti-
Keine gänzlich neue Erfahrung nierungen nötig. Erschöpfung visch einer stetigen Weiterent-
für Kulturschaffende. Das Kri- und schwindende Zuversicht wicklung der gesamten Kultur-
senhafte, Ungewisse, Prekäre machen sich breit. szene und -förderung, um kri-
kann getrost als Modus Vivendi Die Kulturpolitische Gesell- senfest und für jüngere
des Kulturbetriebs bezeichnet schaft hat jüngst ein Positions- Generationen attraktiv zu blei-
werden, musste die Branche in papier veröffentlicht, das die ben. Zudem ist im Rahmen der
den vergangenen Jahren doch Notlage verdeutlicht. Und die Kulturhoheit der Länder die
immer wieder unter Beweis stel- macht erfinderisch: Einige Be- Rolle des Bundes neu zu disku-
len, wie anpassungs- und lei- triebe haben bereits in Eigenre- tieren, da eine Transformation
densfähig sie ist. Das soll kei- gie Maßnahmen ergriffen, um der kulturellen Infrastruktur
nesfalls glorifizierend anmuten. handlungsfähig zu bleiben und ohne Bundesmittel kaum gelin-
Manche Kulturschaffenden und – wo möglich – einzusparen. gen wird.
-institutionen kamen dank Jetzt gilt es, Förderbudgets auf-
staatlicher Corona-Hilfspro- zustocken, um den Fortbestand Tabea Hust ist Referentin für
gramme glimpflich durch die des reichhaltigen Kulturange- Bildungs- und Kulturpolitik.
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