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Arbeitswelten
„Das ist ein Beruf mit
extremer Sinnhaftigkeit“
PORTRÄT Eva-Nathalie Zapp ist Brandmeisterin bei der Berufsfeuerwehr
Von Katja Sponholz (Text) und Pasquale D‘Angiolillo (Foto)
Als Eva-Nathalie Zapp vor sechs Jahren die Stellenaus- herauskommen.“ Auch in ihrem früheren Beruf sei es so
schreibung für die Berufsfeuerwehr in Saarbrücken las, gewesen, dass sie unter Stress ruhiger wurde und immer
war ihr sofort klar: „OK, ihr sucht mich!“ Was sie damals so noch einen klaren Kopf bewahren konnte.
sicher machte, dass dies der richtige Beruf für sie sein
könnte? „Alle Attribute, die gesucht wurden, passten per- Den nötigen Ausgleich zur Anspannung und den 24-Stun-
fekt auf meine Persönlichkeit.“ Angefangen von sozialer den-Diensten, auf die immer zwei freie Tage folgen, findet
Kompetenz über außerordentliche Belastbarkeit durch sie in ihrem Garten, beim Wandern und Essen mit Freun-
Schichtdienste und Einsatzaufkommen bis zur Teamfä- den. Und auch beim Sport, der ihr auch im Einsatz zugute
higkeit, die ihr schon immer besonders wichtig war. Und kommt und bei dem sie besonders erfolgreich ist: Bereits
auch der Auftraggeber teilte offenbar ihren Eindruck: zweimal wurde sie Saarlandmeisterin beim Kraft- und Fit-
Denn unter den rund 180 Bewerbern, die einen Ausbil- nessprogramm „Crossfit“.
dungsplatz suchten, wurde sie als einzige
Frau genommen. Wohl auch deshalb, weil sie Man darf keine Angst Zwar sei die Arbeit bei der Berufsfeuerwehr
schon immer besonders sportlich war: Den haben, wenn man in kein Job, bei dem man reich werden könne,
ganztägigen Sporttest meisterte sie mühelos. sagt Eva-Nathalie Zapp, ihre Befriedigung
Und auch ihre berufliche Vorgeschichte quali- brennende Häuser zieht sie jedoch aus ihrer Arbeit selbst: „Es tut
fizierte sie für diesen Job und hilft ihr auch jetzt geht, aus denen einfach gut, dass wir Menschen in Notlagen
noch im beruflichen Alltag: Denn die 36-Jäh- andere helfen können, dass wir Tiere und die Umwelt
rige ist ausgebildete Fachkrankenschwester herauskommen. retten. Das macht einfach diese extreme Sinn-
für Intensiv- und Anästhesiemedizin. haftigkeit unserer Arbeit aus.“ Und nicht zu-
letzt spiele die Kameradschaft eine beson-
Dass sie damals ihre Tätigkeit im Krankenhaus dere Bedeutung: „Wir arbeiten alle Hand in
aufgab und sich nach einer neuen Herausfor- Hand. Diese Teamverbundenheit ist extrem –
derung umsah, lag vor allem an den Struktu- wir sind wie eine Familie.“ Einziger Wermuts-
ren im Gesundheitswesen – mit Personal- tropfen: Von Politik und Gesellschaft fehle es
mangel, immer mehr Belastung aber auch immer heute mehr denn je an der entsprechenden Anerkennung.
schlechteren Weiterbildungsmöglichkeiten. Und dabei „Ob im Krankenhaus oder bei der Feuerwehr: Hier sind
legt Eva-Nathalie Zapp besonderen Wert auf Qualität und Menschen tätig, die wirklich am Limit arbeiten und die
Fortbildung bei der Arbeit. Bei der Berufsfeuerwehr, wo man braucht. Aber irgendwie sind wir eher Randgruppen,
sie sowohl im feuerwehrtechnischen als auch im Ret- für die es an Wertschätzung fehlt.“ Ob sie anderen Frauen
tungsdienst im Einsatz ist, fühlt sie sich da besonders gut oder Männern empfehlen würden, einen Job bei der Be-
aufgehoben. Auch ihren eigenen Ansprüchen kann sie rufsfeuerwehr anzutreten? „Das kann man nicht grund-
dort gerecht werden: Denn sie absolvierte parallel zur sätzlich raten“, sagt sie. „Dafür muss man geboren sein.“
Ausbildung nicht nur diverse Lehrgänge und Abschlüsse
wie Kettensägenschein, Lkw-Führerschein und Rettungs-
sanitäterausbildung, sondern bildet sich auch danach im-
mer weiter. Inzwischen ist sie nicht nur Brandmeisterin,
sondern auch Notfallsanitäterin. HINTERGRUND
Dass sie unter den knapp 180 hauptberuflichen Feuer- Die Berufsfeuerwehr der Landeshauptstadt
wehrleuten in Saarbrücken nur eine von fünf Frauen ist, bildet Anwärter/-innen im mittleren feuer-
daran hat sie sich längst gewöhnt. „Mir war es von Anfang wehrtechnischen Dienst sowie Notfallsanitä-
an wichtig, keine Extrawurst gebraten zu bekommen.“ ter/-innen aus. Einstellungsvoraussetzungen
Aber sie weiß auch, dass man vor allem zu Beginn der sind unter anderem mindestens ein Haupt-
Tätigkeit mitunter „beäugt“ wurde, ob man den hohen schulabschluss, und ein Höchstalter von 37
körperlichen und technischen Ansprüchen dieses Beru- Jahren. Mehr Infos: www.saarbruecken.de
fes gewachsen sei. „Natürlich musste ich gerade am An-
fang mit Herausforderungen kämpfen“, gibt sie mit Blick Der monatliche Anwärtergrundbetrag beträgt
auf den Einsatz von großen Fahrzeuge und schweren Ge- knapp 1.720 Euro, das Einstiegsgehalt im mitt-
räten zu. Doch auch das gehört mittlerweile zur Routine. leren feuerwehrtechnischen Dienst liegt bei
„Ich bin dafür gemacht, das war sehr schnell klar“, sagt sie. rund 2.500 Euro brutto. Individuell hinzu
Auch mit der besonderen Belastung, dass man ständig kommen jeweils noch eine Allgemeine
sein Leben bei Einsätzen riskiert, kommt sie gut klar: „Man Stellenzulage, Feuerwehrzulagen, Schicht-
darf keine Angst haben, wenn man unter Blaulicht aus- und Familienzuschläge. ks
rückt und in brennende Häuser geht, aus denen andere
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