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Recht + Rat
Familienpflegezeit ist Krankenschein:
nicht im Block möglich Feiern kann Grund
zur Kündigung sein
PFLEGEN Freistellung bis zu 24 Monate möglich
URTEIL
Mit der Familienpflegezeit können stimmte dem Arbeitgeber zu und
sich Beschäftigte bis zu 24 Monate lehnte die Klage des Mannes ab. Wer sich aus Krankheitsgründen arbeitsun-
teilweise von der Arbeit freistellen Zwar bestehe ein grundsätzlicher fähig meldet, muss nicht immer auch das
lassen, wenn sie einen nahen An- Anspruch auf 24 Monate Pflegezeit, Bett hüten. Sich zwei Tage krank zu melden
gehörigen in häuslicher Umge- jedoch nicht im Blockmodell. Wie und dann beim Feiern fotografieren zu las-
bung pflegen. Möchten Beschäf- es bei Haufe.de heißt, verwies das sen, kann Beschäftigte allerdings den Job
tigte die Pflegezeit so aufteilen, Gericht auf den Wortlaut des Ge- kosten. Denn dann ist von einer vorgetäusch-
dass sie teils Vollzeit arbeiten und setzes, wo von einer „teilweisen ten Arbeitsunfähigkeit auszugehen. So ur-
sich teils in Vollzeit der Pflege wid- Freistellung“ sowie einer „verrin- teilte das Arbeitsgericht Siegburg. Im kon-
men, muss der Arbeitgeber dem gerten Arbeitszeit von wöchentlich kreten Fall, auf den der Bund-Verlag hin-
nicht zustimmen. Wie ein Urteil des mindestens 15 Stunden“ die Rede weist, meldete sich eine im Pflegebereich
Arbeitsgerichts Bonn zeigt, auf das ist. Das Gericht legte beides als tätige Frau für zwei Spätdienste am Wo-
Haufe.de verweist, gibt es bei der Hinweis darauf aus, dass eine Frei- chenende krank. In der Nacht von Samstag
Familienpflegezeit keinen An- stellung im Block vom Gesetzge- auf Sonntag ließ sie sich allerdings auf einer
spruch auf ein „Blockmodell“. ber nicht beabsichtigt war. Mit einer Party fotografieren. Die Bilder veröffentlichte
Im konkreten Fall hatte ein Be- Weiterbeschäftigung im Umfang sie in ihrem Status bei einem Messaging-
rufskraftfahrer geklagt, weil der Ar- von mindestens 15 Wochenstun- Dienst. Ihr wurde fristlos gekündigt. Die Kün-
beitgeber seine Pläne abgelehnt den solle eine angemessene Auf- digungsschutzklage wies das Arbeitsgericht
hatte. Der Beschäftigte hatte dem teilung zwischen Berufs-und Pfle- Siegburg ab. Die Klägerin habe über ihre Er-
Arbeitgeber eine zweijährige getätigkeit im Sinne des Gesetzes krankung getäuscht und damit das Ver-
Familienpflegezeit angekündigt, sichergestellt werden. Pflegende trauen in ihre Redlichkeit zerstört, so das Ge-
um sich um seine pflegebedürf- Beschäftigte sollen so in einem richt. Den Beweiswert ihrer Arbeitsunfähig-
tige Mutter zu kümmern. Laut Ur- Mindestumfang weiterhin im Ar- keitsbescheinigung sah es als „erschüttert“
teil wollte der Beschäftigte die beitsleben bleiben und gleichzei- an. Auch der Erklärung der Klägerin, sie habe
Pflegezeit in mehrmonatige Ab- tig Anspruch auf Leistungen aus an einer zweitägigen psychischen Erkran-
schnitte einteilen, in denen er ent- der Arbeitslosenversicherung be- kung gelitten, die vom Arzt nachträglich
weder in Vollzeit arbeiten oder voll- halten. Der Arbeitgeber wiederum festgestellt worden sei, glaubte das Gericht
ständig freigestellt sein würde. Der könne trotz Familienpflegezeit wei- nicht. Schließlich habe sie dem Arbeitgeber
Arbeitgeber war der Ansicht, dass terhin auf die Kompetenz der Be- zuvor mitgeteilt, sich wegen Grippesympto-
dieses Modell nicht der im Gesetz schäftigten zurückgreifen. red men unwohl gefühlt zu haben. tmn
vorgesehenen „teilweisen“ Frei-
stellung entspräche. Das Gericht Aktenzeichen 4 Ca 2119/21 Aktenzeichen 5 Ca 1200/22.
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