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Betrieb + Gewerkschaft
Arbeitnehmervertreter fordern
mehr betriebliche Mitbestimmung
AK-BETRIEBSBAROMETER Betriebsklima wird vielerorts eher schlecht eingeschätzt
Im Februar dieses Jahres hat die
Arbeitskammer wieder das
„Arbeitskammer-Betriebsbaro-
meter“ durchgeführt, ihre alle drei
Jahre stattfindende Befragung
der saarländischen Arbeitneh-
mervertretungen. In Bezug auf
die Situation der Beschäftigten
zeigen die Ergebnisse einmal
mehr, dass das Gesundheits- und
Sozialwesen stärker als die
anderen Branchen von Personal-
mangel und Arbeitsverdichtung
betroffen ist. In Hinsicht auf die Foto: Pasquale D‘angiolillo
betriebliche Mitbestimmung
fordern die Arbeitnehmervertre-
tungen mehrheitlich eine
Stärkung und Ausweitung. Das aktuelle AK-Betriebsbarometer wurde im September vor Ver-
tretern der Presse in den Räumen der Arbeitskammer vorgestellt.
Von Matthias Hoffmann
Die Corona-Pandemie hat die Rechte bei der wirtschaftlichen
Die Rahmenbedingungen in saar- Agenda der Arbeitnehmervertre- Mitbestimmung für notwendig.
ländischen Betrieben stellen sich tungen diktiert. Vor allem kleinere In der Pandemie zeigten sich
aus Sicht der Arbeitnehmervertre- Arbeitnehmervertretungsgremien die Arbeitnehmervertretungen als
tungen eher schlecht dar. Das Be- sahen sich zeitlich kaum in der kompetente und verlässliche Part-
triebsklima wird in mehr als der Lage, andere Themen als Corona, ner. In Zeiten der Transformation,
Hälfte der Betriebe und Dienst- Homeoffice, personelle Einzel- der Digitalisierung und des demo-
stellen als eher schlecht oder grafischen Wandels ist daher
schlecht eingeschätzt (56 Pro- Personelle Entlastung ist umso mehr eine generelle Stär-
zent), in rund 78 Prozent aller be- dringend notwendig kung und Erweiterung der be-
fragten Betriebe schätzen die Ar- trieblichen Mitbestimmung not-
beitnehmervertretungen die Ar- maßnahmen und Personalpla- wendig.
beitsintensivierung als hoch oder nung zu bearbeiten. Für von ihnen
eher hoch ein und rund 70 Prozent selbst als wichtig angesehene Dr. Matthias Hoffmann ist Referent
der befragten Gremien halten die Themen wie alters- und alterns- für Arbeitspolitik und betriebliche
Belastung durch die Corona-Pan- gerechte Arbeitsbedingungen, Sozialpolitik.
demie für hoch oder eher hoch. In Fort- und Weiterbildung und
rund 63 Prozent aller Betriebe Vereinbarkeit von Familie und Be-
wurde viel oder eher viel Mehrar- ruf war kaum Zeit verfügbar.
beit und Überstunden geleistet Positiv zu vermerken ist, dass Hintergrund
und für die Hälfte aller befragten die Zusammenarbeit der Gremien
Betriebe gilt, dass dort die Gefähr- mit den Arbeitgebern beziehungs- Die Befragung (erstmalig online)
dungen für die Gesundheit als weise den Dienstherren aufs fand im Februar und März
hoch oder eher hoch eingeschätzt Ganze gesehen nicht schlecht be- dieses Jahres statt, das heißt vor
werden. urteilt wird. Betriebs- und Dienst- Ausbruch des Ukraine-Kriegs !
Alle diese Aspekte hängen mit- vereinbarungen werden meist ein- und vor der Entscheidung des
einander zusammen: Arbeitsinten- gehalten und umgesetzt. Kritisch Ford-Konzerns, den Standort in Die Ergebnisse
sivierung führt oft zu Überstun- ist jedoch zu vermerken, dass drei Saarlouis aufzugeben. Von 696 des AK-Be-
den, diese zu Gesundheitsgefähr- Viertel der Befragten angeben, angeschriebenen Interessenver- triebs-
dungen und erhöhtem Kranken- dass die rechtzeitige und umfas- tretungen haben 198 Gremien barometers
stand. Und ein erhöhter sende Information durch den Ar- geantwortet. Die Rücklaufquote 2022 stehen
Krankenstand dünnt die Personal- beitgeber bei Mitbestimmungstat- beträgt damit 28,4 Prozent und zum Download
decke noch mehr aus, was wiede- beständen besser laufen könnte. liegt im üblichen Bereich. Knapp bereit unter
rum zu Mehrarbeit führt. Damit Bei der Einbindung der Gremien in 108.600 Beschäftigte sind www.arbeits-
beginnt der Kreislauf von neuem. strategische Fragen sehen sogar durch diese Gremien vertreten kam-
Personelle Entlastung, vor allem noch 82 Prozent Verbesserungs- (28 Prozent der 386.500 mer.de/
im Gesundheits- und Sozialwesen, bedarf und 62 Prozent der Befrag- sozialversicherungspflichtig betriebs-
ist daher dringend notwendig. ten halten mehr gesetzliche Beschäftigten im Saarland). barometer.
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