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Arbeitswelten
Ein Beruf mit ganz
vielen Glücksmomenten
PORTRÄT Pascal Weber ist seit über 20 Jahren Schornsteinfeger und glücklich im Beruf
Von Katja Sponholz (Text) und Pasquale D‘Angiolillo (Foto)
Als Pascal Weber als Jugendlicher zum ersten Mal auf unterschiedlichen Kontrollterminen auskennen. Stän-
diesen Beruf angesprochen wurde, war er sichtlich dig befände man sich dafür auf Schulungen. Pascal
amüsiert. „Mein Fußballtrainer schlug mir damals vor, Weber plant noch einen weiteren Schritt, um den
Schornsteinfeger zu werden, da musste ich erst mal neuen Anforderungen gerecht zu werden: Er will seine
lachen!“ sagt der 39-Jährige. Denn was solch ein Mann Fortbildung zum Energieberater abschließen.
im schwarzen Anzug und mit Zylinder auf dem Kopf
wirklich arbeitet, konnte er sich nicht vorstellen. Doch Eines jedoch ist in all den Jahren gleich geblieben: der
das änderte sich in kürzester Zeit, als er bei seinem Glaube, dass ein Schornsteinfeger Glück bringt. „Es
Trainer – einem Schornsteinfeger – ein zweiwöchiges kommen viele zu mir, die an einem meiner Knöpfe
Praktikum absolvierte. „Das hat mich total gefesselt“, drehen wollen oder die mir einen Kuss geben – Frauen
sagt er. „Es war eine ganz untypische Arbeit, weil man und auch Männer!“ erzählt er lächelnd. Manchmal ru-
keinen festen Standort hatte und den gan- fen ihn gar Kunden an und sagen: „Sie
zen Tag unterwegs war.“ Und weil der müssen noch vorbeikommen, mein Kind
Mann, mit dem er im Einsatz war, auch Viele Leute duzen hat eine Prüfung!“ Klar erfülle er auch sol-
noch „sehr kommunikativ“ gewesen sei, mich. Ich sehe ihre che Wünsche. Denn neben physikalischem
habe er diesen Job einfach nur als „cool“ Kinder aufwachsen und chemischem Verständnis sollte man
empfunden. und kenne ihre als Schornsteinfeger vor allem die Fähig-
Familiengeschichte. keit besitzen, kommunikativ und offen zu
Bis heute hat sich daran nichts geändert – sein.
auch wenn seitdem über 20 Jahre vergan-
gen sind. Mittlerweile ist Pascal Weber Die Hoffnung, dass der Mann in Schwarz
Schornsteinfegermeister und arbeitet bei Schaden abwenden kann, ist auch in We-
Michael Gaertner aus Heusweiler. Sprich bers Familie selbstverständlich: „Meine
bei jenem Kollegen, der in seiner Ausbil- Kinder sind ganz verrückt“, schildert Pascal
dung sein Geselle war und ihm prophezeit hatte: Weber. Für seinen siebenjährigen Sohn sei bereits klar,
„Wenn ich mal selbstständig werde, kommst du zu dass auch er „auf jeden Fall“ diesen Beruf ergreifen
mir!“ werde, und seine neunjährige Tochter habe immer ir-
gendwo einen kleinen Schornsteinfeger in der Nähe.
Natürlich könnte auch er sich vorstellen, sich selbst- Und auch er selbst hält an dem Glauben fest. Als sein
ständig zu machen. „Aber mein Vorteil ist, dass ich Bruder und ein guter Freund als Bundeswehrsoldaten
mich sehr gut mit meinem Chef verstehe und die Frei- nach Afghanistan mussten, habe er ihnen zwei Knöpfe
zeit mit meinen Kindern genießen darf, was für mich von sich mitgegeben. „Beide sind gesund zurückge-
unbezahlbar ist!“ Hinzu kommt, dass er in seinem Be- kommen“, sagt er erleichtert. Und dann berichtet er
zirk in Saarbrücken, zwischen Nauwieser Viertel und von seinem damaligen Ausbilder, der ihm vor der Prü-
Goldener Bremm, absolut selbstständig arbeiten und fung einen Knopf von seinem Anzug schenkte: Bis
alle Termine selbst machen kann. Und die sind sehr heute trägt er ihn in seinem Geldbeutel bei sich.
unterschiedlich. „Das Schöne ist: Kein Haus ist wie das
andere!“ sagt Weber. Mal freut er sich, wenn er drau-
ßen auf dem Dach unterwegs ist und „ein gewisses
Kribbeln“ spüren kann, und dann wieder, wenn er bei
ZF oder im Gefängnis arbeitet. „Ich komme ja an Orte, HINTERGRUND
wo man sonst nicht unbedingt hineinkommt – bezie-
hungsweise wieder herauskommt“, sagt er lachend. Im ersten Gesellenjahr verdienen
Und natürlich und vor allem genießt er den Kontakt Schornsteinfeger gemäß Bundestarif-
mit den vielen vertrauten Menschen. „Viele Leute du- vertrag 14,51 Euro brutto je Stunde. Das
zen mich. Ich sehe ihre Kinder aufwachsen und kenne Gehalt steigt mit den Arbeitsjahren.
ihre Familiengeschichte. Zu vielen hat sich wirklich ein
sehr persönliches Verhältnis entwickelt.“ In einigen Als Meister sind zwischen 19,65 Euro
Haushalten hänge gar ein Foto von ihm mit den Kin- und 20,35 Euro drin.
dern.
Nach einigen Jahren Berufserfahrung
Die Arbeit hat sich im Laufe der Jahre stetig verändert. kann man sich auf einen Bezirk bewer-
Mit dem Kehren des Schornsteins ist es längst nicht ben, um bevollmächtigter Bezirks-
mehr getan, heute muss sich ein Schornsteinfeger mit schornsteinfeger zu werden. ks
zahlreichen Öl-, Gas- oder Pelletheizungen und ganz
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