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Stippvisite

        Imposantes Industriedenkmal


        PARC EXPLOR WENDEL  Eintauchen in die Geschichte des lothringischen Bergbaus

        Rund 60 Hektar umfasst das
        Gelände „Parc Explor Wendel“,
        auf dem das Schaubergwerk La
        Mine und das Bergarbeitermu-
        seum Musée les Mineurs  auf
        eindrückliche Weise von der
        Arbeit und dem Leben der
        Bergleute erzählen.

        Von Silvia Buss

        Sie wurde im selben Jahr stillge-
        legt  wie die  Völklinger Hütte.
        Heute ist die ehemalige Zeche
        Wendel in Petite Rosselle an der
        französischen Grenze zum Saar-
        land ein Industriedenkmal mit
        gleich zwei Museen nebeneinan-
        der – und gilt als einer der größ-                                                  Fotos: Silvia Buss
        ten,  vollständig erhaltenen Ge-
        bäudekomplexe des Steinkohle-
        bergbaus in Europa.  Wie riesig   Stärken können sich Besucher im Parc Explor Wendel im Café Klatsch.
        und imposant die  Anlage ist,   Daneben ein Blick in die Kaue und unten auf das Gelände des Parks.
        merkt man so richtig erst,  wenn
        man  mitten  drin  steht:  Auf  dem   Bergbaus im Lothringer Kohlebe-  tet wird. Wie sich der Ausbau der
        vor einigen Jahren erst angeleg-  cken anhand von hunderten von   Strecken und der  Abbau des
        ten knallroten Platz, um den sich   Original-Objekten und -Doku-  „schwarzen Goldes“  von der an-
        ringsum  drei  Fördertürme  aus   menten, in historischen  Audios   fänglichen Handarbeit durch die
        verschiedenen Zeiten samt zuge-  und  Videos und kurzen Erläute-  Entwicklung immer besserer und
        höriger Kohlewaschanlagen und   rungstexten, durchgängig auch   größerer Maschinen für den Men-
        Maschinenhäuser sowie ein mo-  auf Deutsch, erzählt. Besonders   schen enorm erleichtert hatte,
        numentales  Werkstatt- und  La-  beeindruckend sind die originale   kann man  hier  gut erfahren.  Der
        gerhaus gruppieren. Bei der An-  Werkstatt, in der die Grubenlam-  Maschinenpark  ist  beeindru-
        fahrt auf das rund 60 Hektar um-  pen in Schuss gehalten wurden,   ckend, eingespielte Stimmen der
        fassende Gelände „Parc Explor   die Lampenstube und die Kauen   Arbeiter und Maschinengeräu-
        Wendel“ kommt man zunächst an   (Umkleideräume), in denen noch   sche sorgen zusätzlich dafür, dass
        dem   ältesten,  dem  Vuille-  die Kleidung der  Arbeiter hängt.   man vergisst, dass hier alles „nur“
        min-Schacht von 1881 mit einem   Auch über das  Alltagsleben der   nachgebaut ist und man sich über
        vierten Förderturm vorbei, der im                         Tage befindet.
        Vergleich dazu nahezu putzig und   Beeindruckender          Jeden letzten Sonntag im Mo-
        wie eine Kulisse für einen Nostal-  Maschinenpark         nat finden um 15 Uhr Führungen
        giefilm wirkt. Über 120 Jahre lang                        von  1:45  Stunden  Dauer  auf
        fuhren Bergleute in die Grube   Bergleute  und  ihrer  Frauen  und   Deutsch mit einstigen Bergleuten
        Wendel ein. Um 1960, bevor die   Kinder, die  Wohnsiedlungen, die   durch das Schaubergwerk „La
        Montankrise einsetzte, holte man   für sie gebaut  wurden, die Ein-  Mine“ statt, das „Musée les mi-
        hier mit 5.000 Beschäftigten täg-  wanderung, und die Industriellen-  neurs“ kann zu den Öffnungszei-
        lich 5.000 Tonnen Kohle aus der   familie de  Wendel, der Gruben,   ten (Dienstag bis Sonntag, 10 bis
        Tiefe.                       Hütten  und  Siedlungen  in  ganz   18  Uhr)  frei  besichtigt  werden.
          Wie schwer, gefährlich und wie   Lothringen gehörten, kann man   Dreisprachige  Videoguide-Tab-
        komplex diese  Arbeit  war, das   einiges erfahren.       lets sind in Vorbereitung. Gut ein-
        machen heute das Schauberg-    Der einstige Gang zum Schacht   kehren kann man auf dem Muse-
        werk  „La Mine“  und das  Bergar-  führt  heute  ins  Freie  und  nach   umsgelände im nostalgisch ge-
        beitermuseum „Musée les Mi-  etwa 100 Metern vor das 2006 er-  stalteten Museumscafé „Café
        neurs“ auf dem Gelände auf je ei-  öffnete  Schaubergwerk,  dessen   Klatsch“  und im Restaurant „Ate-
        gene, faszinierende Weise nach-  markante Silhouette aussagen   lier 1904“. Im Umfeld gibt es zu-
        vollziehbar. Das Gebäude des   soll, dass die Kohleflöze in Loth-  dem erste thematische Wander-
        heutigen   Bergleutemuseums  ringen  selten  flach,  sondern  oft   und Radwege.
        durchschritten die Arbeiter früher   ziemlich steil bis senkrecht waren.
        täglich, um in den Schacht zu ge-  Mit einem ruckelnden  Aufzug   Zu erreichen über die Rue du Lieu-
        langen. Auf 1.800 Quadratmetern   geht es in die Tiefe, wo man durch   tenant Joseph Nau), Tel 0033(0)3-
        wird  hier  die  Geschichte  des     Gesteins- und Flözstrecken gelei-  87870854, https://parc-explor.com


                                                                               AK-Konkret Spezial 3|24  ·  III
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