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Position
„Wir müssen Industrieland bleiben“
TRANSFORMATION Kongress von AK, IG Metall und BEST in der Congresshalle
Die Wirtschaft im Saarland ist auf die Industrie und ihre guten Arbeits- kunft der saarländischen Stahlin-
plätze angewiesen. Wie aber steht es um die Zukunft der beiden dustrie“ sowie zur „Zukunft der
größten Industriezweige Stahl- und Automobilbranche, die mitten in saarländischen Automobilindust-
der Transformation stecken? Beim Kongress „Transformation – die rie“, Beide befassten sich in der Dis-
Zukunft des Industriestandortes Saarland“ diskutierten regionale kussion von Arbeitergeberseite,
Arbeitnehmervertretungen mit Wissenschaft und Politik, wie die Politik und Gewerkschafts- und
Transformation im Land langfristig und erfolgreich erfolgen kann. Betriebsratsvertretern noch einmal
damit, wie die Herausforderungen
Von Simone Hien Beteiligung der Beschäftigten und in den saarländischen Schlüsselin-
ihrer Interessenvertretungen be- dustrien gemeistert werden kön-
„Knapp 90.000 Menschen arbei- wältigt werden. nen. Dabei sei vor allem wichtig,
ten in der Industrie im Saarland, der „Im internationalen und europäi- betonte Carina Webel, Leiterin der
Großteil davon im Fahrzeug- und schen Wettbewerb konkurrenzfä- Abteilung Wirtschaft und Umwelt
Maschinenbau oder der Stahler- hige Energiepreise und hier insbe- bei der AK, bei der ersten Ge-
zeugung und Metallverarbeitung. sondere vernünftige Strompreise sprächsrunde, „dass gute Arbeit,
Die industriellen Kernbereiche sind und das Dogma der Schulden- soziale Gerechtigkeit und Mitbe-
das Rückgrat der saarländischen bremse endlich zu kippen“, wie stimmung in den Mittelpunkt einer
Wirtschaft. Diese Arbeitsplätze Caspar betonte, forderten in ihren Transformationsstrategie gestellt
sind mehrheitlich tarifgebunden, Vorträgen auch der saarländische werden, dass transparent kommu-
mitbestimmt durch Betriebsräte Wirtschaftsminister Jürgen Barke niziert wird und die Menschen so in
und in Teilen durch Aufsichtsräte“, und Christiane Benner, die Erste dem ganzen Prozess mitgenom-
sagte der AK-Vorstandsvorsit- Vorsitzende der IG Metall. Für ein men werden.“ In der saarländi-
zende Jörg Caspar in seiner Eröff- Ende der Schuldenbremse machte schen Stahlindustrie hat die Um-
nung des Transformatioskongres- sich auch Dr. Katja Rietzler, Leiterin stellung auf grünen Stahl mithilfe
ses, einer Veranstaltung der vier IG des Referats Steuer- und Finanz- von Wasserstoff begonnen. Dieser
Metall Geschäftsstellen im Saar- Prozess sei ein Beispiel dafür, wie
land, BEST und der AK. Weiter be- Deutschland muss man im Saarland eine gute Trans-
tonte er, diese Arbeitsplätze seien investieren formationsstragtegie gestalten
unter anderem gekennzeichnet sollte, sagte Webel. Denn „hier se-
durch gute Arbeitsbedingungen politik beim Institut für Makroöko- hen wir eine gemeinsame Strate-
und gute Löhne. Auch viele Ar- nomie und Konjunkturforschung gieentwicklung von Betriebsräten
„Wir wollen beitsplätze in anderen Wirtschafts- (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, in mit den Gewerkschaften, mit der
und wir bereichen, im Handwerk und dem ihrem Vortrag mit dem Titel „Nach Arbeitgeberseite und auch der
müssen Dienstleistungsbereich seien von dem Urteil des Bundesverfas- saarländischen Politik. Man hat sich
Industrieland der Industrie abhängig. „Deshalb sungsgerichts: Können wir uns die gemeinsam überlegt, wo wollen
bleiben“, ist klar: Wir müssen und wir wollen Transformation noch leisten?“ stark. wir hin mit der Stahlindustrie und
betonte Industrieland bleiben“, so Caspar. Ihr Fazit: Deutschland hat seit Jah- sich über einen Weg verständigt.“
AK-Vor- Das Saarland stehe allerdings vor ren nicht genug investiert. Konser- Während in der Stahlinsutrie
stands- einer zweifachen Transformation: vativ geschätzt, beträgt der Investi- erste Weichen gestellt wurden,
vorsitzender Neben Digitalisierung und Auto- tionsbedarf (ohne Verteidigungs- wurde in der zweiten Diskussion
Jörg Caspar matisierung übten vor allem die ausgaben) 600 Milliarden Euro deutlich, dass gerade die Kfz-Zu-
bei der Dekarbonisierung und die klima- über zehn Jahre. Ohne eine Reform lieferer unter massivem Druck ste-
Eröffnung des politischen Umstellungen in der der Schuldenbremse ist der Bedarf hen. Nicht nur durch die Umstel-
Transforma- Produktion enormen Druck aus. nicht zu decken. lung des Antriebssystems. Auch
tions- Fest stehe aber: Die Transformation Im Anschluss folgten jeweils die Digitalisierung sorgt für Um-
kongresses. könne nur durch eine umfassende eine Podiumsdiskussion zur „Zu- brüche. Vor allem brauchen die
Beschäftigten neue Kompetenzen,
was entsprechende Qualifizie-
rungsmaßnahmen nötig macht. So
betonte auch AK-Hauptgeschäfts-
führer Thomas Otto: „Wir sind ge-
meinsam mit den Gewerkschaften
überzeugt, dass der Schlüssel für
die Transformation die Weiterbil-
dung ist. Wir sollten darauf hinwei-
sen, dass Weiterbildung unerläss-
lich ist. Dafür stehen wir als AK und
Fotos: Iris Maurer dafür engagieren wir uns im Trans-
formationsnetzwerk Saarland oder
dem Weiterbildungsverbund Saar-
land.“
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