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Aus der Praxis I
        „Nur miteinander sind wir stark“



        TARIF  BR der Brück GmbH kämpft für Rückkehr in den  Arbeitgeberverband

        Der Betriebsrat der Firma Brück   dings  erst  nach  einigem  Einsatz.   durch,  um  die  Kolleginnen  und
        ist Gewinner des 3. Saarländi-  „Wir haben uns mit Torsten Dell-  Kollegen zu sensibilisieren.
        schen Mitbestimmungspreises.   mann,  dem  2.  Bevollmächtigten   Von der Gegenseite kam kein
        Mit Verhandlungsgeschick und   der  IG  Metall-Geschäftsstelle  Entgegenkommen und schließ-
        der Überzeugung, dass man nur   Saarbrücken und zuständigen   lich rief man zum Warnstreik auf:
        miteinander stark ist, ist es ihm   Betreuer für unseren Betrieb, zu-  „Da haben gut 80 Prozent der Be-
        gelungen, nach einem Austritt   sammengesetzt,  eine Tarifkom-  legschaft die Arbeit niedergelegt.
        die Rückkehr in den Arbeitgeber-  mission gegründet und überlegt,   Danach hatten wir ein ganz ande-
        verband zu erreichen.        was man tun kann. In der die Tarif-  res Gesprächsniveau und wurden
                                     kommission haben wir die Forde-  in den Verhandlungen auf Augen-
        Von Simone Hien              rung entwickelt, zurück in den Ar-  höhe behandelt“, betont Gebhard.
                                     beitgeberverband zu gehen und   So hat es der Betriebsrat mit Un-
        Dass Mitbestimmung unverzicht-  das Ergebnis aus den  Tarifver-  terstützung der Beschäftigten
        bar ist, das demonstrierte deutlich   handlungen der Metall- und Elek-  nicht nur geschafft, dass alle For-
        der  Betriebsrat  (BR)  der  in  Saar-  troindustrie zu übernehmen, das   derungen  angenommen wurden
        brücken-Ensheim  ansässigen  gerade verhandelt worden war.   – im Gegenzug setzte auch der
        Brück GmbH. Denn „ohne sich ab-  Darüber haben wir dann die Be-  Betriebsrat auf  Wunsch des  Ar-
        zusprechen ist der Arbeitgeber im   legschaft informiert. In der  Tarif-  beitgebers fünf Betriebsvereinba-
        Herbst  2022  aus  dem Arbeitge-  kommission haben wir darauf ge-  rungen um – insgesamt herrsche
        berverband ausgetreten“, erzählt   achtet, Vertreter aus allen Abtei-  heute ein wesentlich respektvol-
        Markus Gebhard, der Betriebs-                             lerer Umgang als  vorher. „Und
        ratsvorsitzende  der  Groß-   Belegschaft sensibilisiert  jetzt sind wir wieder in der vollen
        schmiede. Der Betriebsrat habe                            Tarifbindung. Wir  haben  mit  den
        dann direkt das Gespräch ge-  lungen und von unterschiedlicher   Aktionen, Informationen und Ver-
        sucht und nach dem Grund dieser   Gesinnung aufzunehmen – lieber   handlungen erst die Belegschaft
        Entscheidung gefragt. „Wir haben   eine schwierige Diskussion mit ei-  und dann auch den Arbeitgeber
        zur  Antwort bekommen, das sei   nem Ergebnis , das für alle spricht,   davon überzeugen können, dass
        sein Recht, auszutreten, ohne mit   als  der  schnelle,  oberflächliche   wir nur miteinander stark sind“,
        uns zu reden.“               Weg“, berichtet Gebhard.     sagt Markus Gebhard.
          Dieser  Ansicht  war der Be-  Aber: Die Unternehmensfüh-   Mit diesem Anspruch habe er
        triebsrat nicht. Gebhard rückbli-  rung habe alle Forderungen zu-  aber 2017 auch sein Amt angetre-
        ckend: „Damals hatten  wir nicht   erst einmal zurückgewiesen. „Und   ten.  Der  41-jährige  gelernte  Zer-
        die Art der Zusammenarbeit, wie   gesagt, wir würden ja ohnehin nur   spanungsmechaniker hat sich ne-
        man sich das wünscht.“ Also be-  für 20, 30 Leute im Betrieb reden“,   benberuflich  weitergebildet,  den
        schloss man, sich zu wehren, et-  sagt der Betriebsratschef.  Was   Meister und den technischen Be-
        was am Kommunikationsstil zwi-  folgte, war viel Arbeit, die er vor al-  triebswirt gemacht und hatte vor
        schen Belegschaft, deren Interes-  lem zusammen mit seiner Stell-  seiner  Tätigkeit als  Betriebsrat
        senvertretern  und  Unterneh-  vertreterin  Vera  Kottmann-Re-  eine gehobene Meisterstelle inne.
        mensführung zu ändern und sie   xerodt stemmte: Beide waren viel   Auch da sei es ihm schon wichtig
        davon zu überzeugen, wieder in   in der Belegschaft unterwegs, der   gewesen, „das Gespräch zu su-
        den Arbeitgeberverband  einzu-  Betriebsrat hängte Plakate auf   chen. Das Miteinander  war mir
        treten. Und hatte Erfolg – aller-  und führte  viele kleine  Aktionen   schon immer wichtig“, sagt er und
                                                                  ergänzt: „Einen Betriebsrat hat es
                                                                  bis zur Insolvenz 2007 hier nicht
                                                                  gegeben. Ich habe aber dann
                                                                  letztendlich  für  mich  den  Schritt
                                                                  gemacht zu sagen, hier muss was
                                                                  passieren, ich will mich engagie-
                                                                  ren und etwas  verändern.“  Wie
                                                              Foto: Pasquale D‘Angiolillo  len  wurde  schließlich  ein  Be-  !
                                                                  vom Insolvenzverwalter empfoh-

                                                                  triebsrat gegründet  und heute
                                                                  kümmern sich bei Brück neun Be-
                                                                  triebsratsmitglieder um rund 260
                                                                                               Mehr über die
                                                                  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
                                                                  Er habe nicht damit gerechnet,   Mitbestim-
                                                                                               mungsmesse
        Markus Gebhard (3. v.l.) und Vera Kottmann-Rexerodt mit Timo Ahr   freigestellter  Betriebsratsvor-   2023 gibt es
        (links), stellvertretender  Vorsitzender des DGB Rheinland-Pfalz/  sitzender zu werden, und das sei   unter www.
        Saarland,  Thomas Müller, stellvertretender  AK-Vorstandsvor-  am Anfang auch nicht einfach ge-  arbeitskam-
        sitzender,  und  Bettina  Altesleben,  Staatssekretätrin  im  wesen, sagt Gebhard. „Aber man   mer/mit-
        Arbeitsministerium, bei der Preisverleihung.              wächst mit seinen Aufgaben.“  bestimmung.


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