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Simone Bubel
und Timo Ahr
Foto: DGB/@diewerbewinzer solidarisches
wollen für ein
Miteinander
ohne Ellenbo-
genmentalität
und Neid-
debatten
einstehen.
und dadurch auch bessere Ar- braucht es Engagement von al- Neiddebatte ist ein guter Vor-
beitsbedingungen in den Unter- len, sich mit den Themen tiefer- satz für das Jahr 2024. Wir als
nehmen und Dienststellen vor- gehend auseinander zu setzen. Gewerkschaften werden alles in
handen sind. Gute Arbeit ist der Nur so können wir als Gesell- unserer Macht Stehende tun,
beste Werbe-Effekt gegen Fach- schaft funktionieren. weiterhin für mehr Solidarität zu
kräftemangel. Das größte Trans- werben. Solidarität darf nicht nur
formationsprojekt in Europa fin- Gewerkschaften stehen seit eine Floskel sein, sondern muss
det hier im Saarland statt. Es kann jeher für Solidarität. Leider wird nochmal in unser gesellschaftli-
ein Beispiel dafür sein, dass wir inzwischen in unserer Gesell- ches Handeln überführt werden.
auch andere Branchen in die Kli- schaft mehr über sie geredet,
maneutralität führen und gleich- als dass sie tatsächlich gelebt Was hat Sie ganz persönlich
zeitig die Menschen in den Un- würde. Das ist auch an den dazu motiviert, in eine Gewerk-
ternehmen nicht verlieren. sinkenden Mitgliederzahlen der schaft einzutreten?
Bubel: Der Stahlaktionstag am 19. Gewerkschaften abzulesen. Wie Bubel: Wie Timo bin ich familiär
Oktober letzten Jahres ist ein sehr kann Solidarität wieder zum gewerkschaftlich geprägt. Au-
gutes Beispiel dafür, was man als zentralen Begriff für gesell- ßerdem stand es für mich nicht
Gewerkschaft auf die Beine stel- schaftlichen Zusammenhalt zur Debatte, dass ich mich dort,
len kann: 10.000 Menschen wa- werden? Und was bedeutet wo ich die meiste Zeit des Tages
ren in Völklingen, 5.000 in Dillin- Solidarität für Sie? verbringe, nämlich auf der Ar-
gen, um für den Umbau der saar- Ahr: In unserem Bezirk, auch im beit, „betriebsgesellschaftlich“
ländischen Industrie hin zum grü- Saarland, sind die engagiere.
nen Stahl und damit für tausende Mitgliederzahlen Ahr: Natürlich bin
Arbeitsplätze im Saarland zu de- der Gewerkschaf- Ich wünsche mir ich familiär ge-
monstrieren. ten bei Weitem eine respektvolle prägt. Richtig ge-
nicht so rückläu- Debattenkultur packt hat mich
Im Juni sind Kommunalwahlen fig, wie sie in den auf Sachebene aber die Gewerk-
und die Europawahl. In ganz Medien oftmals schaftsarbeit, als
Europa ist die Rechte auf dem dargestellt wer- Simone Bubel ich gemerkt habe,
Vormarsch, auch in Deutschland den. Im Gegenteil, wie viel man errei-
erleben wir einen deutlichen wir haben in vie- chen kann, wenn
Rechtsruck in der Gesellschaft. lerlei Bereichen man sich organi-
Was wollen Sie den Beschäftig- Mit gliederzu - siert und zusam-
ten für die Wahlen ans Herz wachs, weil wir men für eine Sa-
legen? uns in den vergan- che kämpft. Ge-
Bubel: Diskussionen finden ge- genen Jahren durch gute Tarif- meinsam haben wir Ausbil-
fühlt oftmals nur noch auf der verträge, aber auch gute Organi- dungsverbesserungen und
Emotionsebene statt, was dazu sationsgrade und vor allem auch besseres Equipment in der Aus-
führt, dass Menschen nicht mehr gute Arbeit einen besseren Ruf bildungswerkstatt hinbekom-
debattieren können, ohne dass erarbeitet haben. Solidarität liegt men. Vor allem aber auch über
Gräben zwischen ihnen entste- in der DNA von Gewerkschaften. die Stahlaktion in den Jahren
hen. Ich wünsche mir eine res- Das zeigt sich zum Beispiel auch 2015 und 2016 habe ich am ei-
pektvolle Debattenkultur auf Sa- in der branchenübergreifenden genen Leib gespürt, welche
chebene. Komplexe Fragen sind Unterstützung bei Arbeitskämp- Kraft wir entwickeln können,
leider nicht mit einfachen Ant- fen. Ein solidarisches Miteinander wenn wir zusammen an einem
worten zu beantworten. Hier ohne Ellenbogenmentalität und Strang ziehen.
AK-Konkret Spezial 1|24 · III