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Recht + Rat

            Leasingraten sind                            Chef kann Veränderung
            auch bei Krankheit                           nicht einfach beschließen

            zu zahlen
                                                         LOHNZAHLUNG  Mindestlohngesetz setzt Grenzen
            JOBRAD
                                                         Wer eher knapp bei Kasse ist oder
            Fahrradleasing über den Arbeitgeber? In vie-  größere  Anschaffungen  plant,  er-
            len deutschen Unternehmen ist das längst     wartet ihn manchmal sehnlichst:
            möglich.  Die  anfallenden  Leasing-Beiträge   Den Tag, an dem das Gehalt aufs
            behält der  Arbeitgeber dann einfach  vom    Konto  kommt.  Doch  bis  wann
            Bruttogehalt der  Arbeitnehmerin oder des    muss der  Arbeitgeber  dieses ei-                       Foto: Adobe Stock/Stockfotos-MG
            Arbeitnehmers ein. Ist ein Arbeitnehmer län-  gentlich zahlen? Hier gibt zunächst
            ger krank, kann das allerdings zum Problem   Paragraf 614 des Bürgerlichen Ge-
            werden, wie ein Urteil des Arbeitsgerichts Aa-  setzbuches  eine  Antwort.  Dem-
            chen zeigt, auf das der Bund-Verlag verweist.   nach  ist  die  Vergütung  nach  der
            Ein Arbeitnehmer, der gleich zwei Räder über   Leistung der Dienste zu entrichten;
            seine  Arbeitgeberin  geleast  hatte,  war  für   wird sie nach Zeitabschnitten be-
            mehr  als  sechs  Wochen  krankgeschrieben.   messen,  so  ist  auch  nach  Ablauf   Vier  Tage  vor  dem  jeweiligen
            Da er nun nicht mehr sein Gehalt vom Arbeit-  der  einzelnen  Zeitabschnitte  zu   Dienst  müssen  Beschäftigte
            geber,  sondern  Krankengeld  von  der  Kran-  zahlen. „Wenn also eine Wochen-  darüber informiert sein.
            kenkasse erhielt, konnten auch die Leasing-  arbeitszeit vereinbart ist, dann am
            Beiträge nicht mehr einbehalten werden. Die   Ende  der  Woche“,  sagt  Nathalie   Ende des Monats, kann der Arbeit-
            zwischenzeitlich angefallenen Raten zog      Oberthür, Fachanwältin für Arbeits-  geber  also  nicht.  Zudem  hat  der
            seine Arbeitgeberin vom nächsten Gehalt ab.   recht  aus  Köln.  „Oder  wenn,  wie   Betriebsrat  nach  Paragraf  87  des
            Der Arbeitnehmer ging  vor Gericht und for-  üblicherweise,  eine  Monatsar-  Betriebsverfassungsgesetzes ein
            derte das Geld zurück, weil er die Regelungen   beitszeit oder eine Monatsvergü-  Mitbestimmungsrecht,  wenn  es
            des Vertrags als intransparent empfand. Nach   tung vereinbart ist, dann am Ende   um den Zeitpunkt der Entgeltzah-
            Auffassung des Gerichts ist die Arbeitgeberin   des Monats, also spätestens zum   lung geht. Und: Das Mindestlohn-
            im Recht. Denn: Die Zahlungspflicht des Ar-  Monatsende.“                 gesetz setzt den Vereinbarungen
            beitnehmers bestehe auch bei entgeltfreien    Allerdings können im  Arbeits-  im  Arbeitsvertrag  Grenzen.  Denn
            Beschäftigungszeiten,  wie  dem  Bezug  von   vertrag auch abweichende Rege-  demnach muss der  Arbeitgeber
            Krankengeld, fort. Dem Gericht zufolge ist das   lungen  festgelegt  werden.  Etwa,   ein  Arbeitsentgelt mindestens in
            nicht überraschend.              tmn         dass das Gehalt zur Mitte des Fol-  Höhe des Mindestlohns spätes-
                                                         gemonats  gezahlt  wird.  Oberthür   tens am letzten Bankarbeitstag
            Aktenzeichen 8 Ca 2199/22                    zufolge  keine  seltene  Regelung,   desjenigen Monats zahlen, der auf
                                                         der aber Arbeitnehmer und -geber   den  Monat  folgt,  in  dem  die  Ar-
                                                         zustimmen  müssen.  Einseitig  be-  beitsleistung  erbracht worden  ist.
            Kündigung: Gibt es                           stimmen, dass das Gehalt ab so-  Spätere  Termine dafür dürfen
                                                         fort erst am 15. des Folgemonats
                                                                                      auch im Arbeitsvertrag nicht  ver-
            einen Weg zurück?                            gezahlt  wird,  statt  wie  bisher  am   einbart werden.    tmn

            ARBEITSRECHT

            Vielleicht hatte man eine neue Stelle in Aus-  Vertragsstrafen zu
            sicht und es wird nichts draus - oder ein Kon-
            flikt im Job wurde gelöst. Wer dann schon ge-  vereinbaren ist erlaubt
            kündigt hat, fragt sich womöglich: Gibt es ei-
            nen Weg zurück? Nach einer rechtsgültigen    DGB Vertragsbruch muss ganz klar erkennbar sein
            Kündigung muss man  sehr  wahrscheinlich
            mit seiner Entscheidung leben. Denn: „Arbeit-  In  Arbeitsverträgen  finden  sich   Dafür bedarf es glasklarer Re-
            nehmer können eine Kündigung nicht einfach   mitunter  Klauseln,  die  bei  be-  gelungen.  Im  Arbeitsvertrag
            so zurücknehmen“, sagt Rechtsanwältin Na-    stimmten Verstößen  eine Ver-  muss unmissverständlich ste-
            thalie Oberthür aus Köln. „Eine einmal ausge-  tragsstrafe  vorsehen.  Etwa  für   hen, in welchen Fällen der oder
            sprochene Kündigung kann nicht einseitig     den Fall, dass Beschäftigte eine   die  Beschäftigte Vertragsbruch
            zurückgenommen oder aufgehoben werden.“      Arbeitsstelle gar nicht erst an-  begeht und gegebenenfalls
            Möglich ist lediglich, ein Angebot zu machen,   treten.  Grundsätzlich  ist  es  er-  zahlen  muss.  „Unzulässig  wäre
            das  Arbeitsverhältnis  fortzusetzen,  so  Ober-  laubt,  im  Arbeitsvertrag  Ver-  etwa eine  Vertragsstrafe für
            thür. Ob der Arbeitgeber darauf eingeht oder   tragsstrafen zu vereinbaren. Al-  nicht  ordentliches  Arbeiten“,
            nicht,  das  ist  allerdings  seine  Entscheidung.   lerdings muss der  Vertrags-  sagt Menssen. Sanktioniert wer-
            Das gilt übrigens auch bei einer Kündigung   bruch   „eindeutig   für   den   den darf außerdem nur schuld-
            seitens  des  Arbeitgebers.  Auch  dem  bleibt   Arbeitnehmer  erkennbar“  sein,   haftes,  also  fahrlässiges  oder
            nur,  dem  Arbeitnehmer  freundlich  anzubie-  sagt  Tjark Menssen  vom DGB   vorsätzliches Verhalten, des Ar-
            ten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.   tmn  Rechtsschutz.             beitnehmers.            tmn


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