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Kunst + Kultur
        Stadtgeschichte kompakt und


        rund präsentiert wie selten



        MUSEUM ST. WENDEL  Neue Dauerausstellung und lohnende Sonderschau

        Das Museum St. Wendel punktet
        gleich zweifach: Mit einer neuen
        Dauerausstellung zur Stadtge-
        schichte und neuer Kunst von
        heute, inspiriert von historischen
        Textilien.

        Von Silvia Buss

        Das  Museum  St.  Wendel  voll-
        bringt mit seiner neuen Dauer-
        Schau  gleichsam  die Quadratur
        des Kreises: Indem es seine
        kunsthistorisch  ausgerichtete
        Sammlung erstaunlich gut zu                                                          Foto: Silvia Buss
        nutzen versteht, um damit auch
        Kultur-  und Stadtgeschichte zu
        erzählen.  Man  erfährt  so  nicht   Ein  Blick  in  die  neue  Daueraustellung,  in  der  Besucherinnen  und
        nur viel über St. Wendeler Künst-  Besucher unter anderem viel über St. Wendeler Künstlerinnen und
        ler,  sondern  auch  einiges  über   Künstler sowie  bedeutende historische Persönlichkeiten erfahren.
        weitere bedeutende historische
        Köpfe, über Merkmale ihrer Zeit   Wendel abgeschoben  – und   Schau neben den üblichen „fort-
        und wie die Stadt überhaupt ent-  fand  dort  neben vielen  Entbeh-  geschrittenen  Museumsbesu-
        stand und sich entwickelte.  rungen im Rittmeister immerhin   chern“ auch Schulklassen, Fami-
          Möglich  wird das durch Mut   die große Liebe.           lien mit Kindern und  Touristen
        zur Lücke und ein gutes Ausstel-  Was macht die Schau nun be-  ohne Vorkenntnisse ansprechen.
        lungsdesign. Präsentiert werden,   sonders? Etwa dies: Mit ihrer   Der Clou: An einem Multimedia-
        verteilt über mehrere Räume, im   Kurz-Vita   in   „Ich“-Erzählform   schirm kann man an einem „Rad
        Wesentlichen fünf herausra-  nebst Konterfei im Comic-Stil   der Zeit“ drehen und sich so die
        gende Persönlichkeiten, drei da-  wenden sich alle Fünf  von der   wichtigsten Epochen und Ereig-
        von Künstler: Das sind der Maler                           nisse  St.  Wendels  vom  6.  Jahr-
        Nikolaus Lauer (1753 – 1824) und   Viel kulturgeschichtlicher   hundert bis heute in  Wort und
        seine meisterlichen Porträts von       Kontext             Bild vor Augen führen. Stadtge-
        Bürgermeistern,   Kaufleuten                               schichte kompakt und rund wie
        nebst  Familien  in  Pastellkreide;   Wand hinab direkt an die Besu-  selten.
        der Komponist Philipp Jakob Ri-  cher. Für Ältere vielleicht ein we-  Aus der Geschichte schöpfen
        otte  (1776  –  1856),  der  in  den   nig zu kindlich, doch man erfasst   auch die beiden Künstlerinnen
        1830ern  in  Wien  zu  Ruhm  und   das  Wichtigste so auf einen   der lohnenden Sonderausstel-
        Reichtum  kam,  sowie  –  in  einer   Blick.  Neben  Originalen  findet   lung „drunter und drüber“ ihre In-
        leicht angepassten  Schau  von   man hier zudem sehr viel kultur-  spiration: Die Saarländerin Ger-
        2020 - die Malerin Mia Münster   geschichtlichen  Kontext  an-  trud Riethmüller hat unter ande-
        (1894  –  1970).  Für  die  Stadtge-  schaulich dargestellt: Das reicht   rem einen überdimensionalen
        schichte  unerlässlich  ist natür-  vom  Einrichtungsstil der  Adeli-  Spitzenkragen aus Kabeln ge-
        lich der legendäre Heilige Wen-  gen  über  die  Damenmode  bis   klöppelt.   Die   angeknüpften
        delin (554 – 617 n. Chr.), zu dem   hin zur Technik der Pastellmale-  Lautsprecher erzählen  über die
        das Museum einen barocken ge-  rei und ihrem Bedeutungsverlust   sozialgeschichtlichen  Aspekte
        malten Bilderzyklus aus dem 18.   durch die Einführung der Foto-  des  Spitzenklöppelns,  Monitore
        Jahrhundert  bieten  kann,  der   grafie.  Einiges  kann  man  sogar   zeigen den Tanz der Hände bei
        endlich  vom Schutzglas befreit   ertasten,  in  Kabinen  die  Musik   diesem   Kunsthandwerk.   Die
        ist, sowie einen Sarg und Skulp-  von Riotte hören oder auch Her-  Norddeutsche  Juliane  Laitzsch
        turen. Ein Leben wie aus einem   zogin Luises Leben als Animati-  will  anhand  von kunstvollen
        Roman schließlich führte die   onsfilm  ansehen.  Für  das  Aus-  Zeichnungen  von  spätantiken
        taffe  Herzogin  Luise  von  Sach-  stellungsdesign und fürs Kura-  Textilfunden verdeutlichen, dass
        sen-Coburg-Saalfeld  (1800  –   tieren  zog  Museumsleiterin  jede  Zeit  anders  auf  historische
        1831). Luise, auch Stammmutter   Steitz  externe  Fachleute  hinzu,   Objekte blickt und Restaurierun-
        der  britischen  Windsors,  wurde   das hat sich gelohnt: So aufge-  gen stets Kinder ihrer Zeit sind.
        von ihrem Mann  von der Resi-  räumt gestaltet und auf  Ver-
        denz  Coburg  ins  Provinzkaff  St.   ständlichkeit bedacht  wird die   www.museum-wnd.de

                                                                                        AK-Konkret 1|24  ·  35
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