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Arbeitswelten
                        Noch immer fasziniert



                         von der Abwechslung




                                   PORTRÄT  Eva Timpano ist Augenoptikerin

                                  Von Katja Sponholz (Text) und Pasquale D‘Angiolillo (Foto)
        Als  Eva Timpano ihren Hauptschulabschluss in der Ta-   Für  weitere  Abwechslung  im  Beruf  sorgt  neben  den
        sche hatte, wusste sie nicht wirklich, wie es beruflich mit   Hausbesuchen  auch  die  handwerkliche  Tätigkeit:  Dazu
        ihr weitergehen sollte. Wahllos bewarb sie sich überall,   zählt nicht nur das Messen der Sehstärke, sondern vor al-
        wo es Angebote gab: als Erzieherin und Akustikerin bis hin   lem auch die Arbeit in der Werkstatt. „Bohren und fräsen,
        zur Orthopädieschuhmacherin. Dass sie schließlich als   löten, kitten und polieren: Wir machen wirklich vieles vor
        Optikerin endete, hat sie ihrem ersten Chef zu verdanken:   Ort!“ beschreibt sie. Deshalb benötigen Bewerber für die-
        Denn der gab ihr einen Ausbildungsplatz, obwohl sie in   sen Beruf ihrer Ansicht nach mehrere Eigenschaften: Sie
        den schulischen Fächern bei der Aufnahmeprüfung wohl    sollten feinmechanisch geschickt sein und Fingerfertig-
        eher schlecht abgeschnitten hatte. Dafür hatte sie die Mit-  keit besitzen, aber auch Ruhe und Geduld haben und die
        bewerber vermutlich damals beim kleinen Verkaufsge-     Fähigkeit, sich in die Kunden hineinversetzen zu können.
        spräch und dem Drahtbiegetest hinter sich gelassen: „Der
        Ausbilder hat mir gesagt, dass ihn das überzeugt hätte   Ob es besondere Erfahrungen gibt, an die sie sich gerne
        und er mir gerne eine Chance geben würde“, sagt Tim-    erinnert?  „Mein  schönstes  Erlebnis  war,  dass  ich  über-
        pano. Und auch heute, 20 Jahre später, weiß                      haupt die Chance bekommen habe, die Aus-
        sie noch, was sie damals empfunden hat: „Ich   Von Anfang an     bildung zu starten“, sagt Timpano. Und auch
        habe mich mega gefreut, weil ich schon ge-                       ihr erster Chef war mit seiner Entscheidung
        fürchtet hatte, ob ich überhaupt etwas finde.“   war ich         offenbar  zufrieden:  „Als  er  damals  Saarbrü-
                                                     begeistert          cken verließ, hat er mir gesagt, dass er es nie
        Doch der Ausbildungsplatz war mehr, als nur     von              bereut habe, mich eingestellt zu haben.“ Den
        irgendein Notnagel: Schon nach kurzer Zeit    diesem             Kontakt zu Michael Neefe hat sie längst ver-
        wusste sie, dass es der ideale Job am idealen   Beruf.           loren. „Leider habe ich keine Spur von ihm“,
        Ort für sie war: „Für mich war sehr spannend,                    bedauert sie. „Aber nach all den Jahren und
        dass diese Arbeit so vielfältig war, dass ich                    Jahrzehnten  würde  ich  mich  einfach  gerne
        von Anfang an im Verkauf mit eingebunden                         mal bei ihm bedanken.“
        wurde und in der Werkstatt viel lernte.“ An-
        ders formuliert: „Vom Anfang an war ich be-                      Nach Recherchen der Autorin und mit Unter-
        geistert von diesem Beruf.“ Als ihr damaliger                    stützung  der  Fielmann-Pressestelle  in  Ham-
        Ausbilder Michael Neefe den Betrieb verließ, suchte auch   burg konnte Michael Neefe in Luzern ausfindig gemacht
        sie irgendwann neue Wege. „Ich wollte nicht immer nur   werden. Er konnte sich sofort an den Namen der damali-
        das Lehrmädchen in der gleichen Filiale bleiben, sondern   gen Auszubildenden erinnern. Eva Timpano war zu Trä-
        mich weiterentwickeln.“ So war sie später bei unterschied-  nen gerührt, als sie davon erfuhr und seine Handy-Num-
        lichen  Arbeitgebern in Saarlouis und Bous tätig.  Auch   mer erhielt
        dann noch, als im Laufe der Jahre ihre drei Kinder zur Welt
        kamen.  Seit  knapp  zwei  Jahren  arbeitet  sie  an  ihrem
        neuen Wohnort in Kleinblittersdorf nun bei dem Unter-
        nehmen „271grad“. Und die Freude daran ist ihr deutlich       HINTERGRUND
        anzusehen. Auf die Frage, ob sie noch immer fasziniert
        von ihrem Beruf ist, lacht sie: „Mehr denn je!“                 Der Südwestdeutsche Augenoptiker- und
                                                                         Optometristen-Verband empfiehlt als Vor-
        Großen Anteil daran hat auch das besondere Betriebs-               aussetzung für den Lehrberuf die mittlere
        klima in dem Geschäft von Anna-Katharina Debilio-Flo-              Reife oder Fachhochschulreife.   Auch
        ckerzie, wo sie sehr selbstständig arbeiten könne: „Hier         technisches Verständnis und eine gute Auf-
        wird Vertrauen groß geschrieben. Die Chefin weiß, was wir          fassungsgabe in Physik und Mathe seien
        können und machen und kann sich auf uns komplett ver-            von Vorteil, weil sie helfen, die Geräte besser
        lassen.“ Vor allem die individuelle Beratung der Stamm-          zu verstehen.
        kunden macht ihr Spaß. Nur wenige wissen beim Betreten
        des Geschäftes genau, welches Brillen-Modell sie haben          Die künftigen Optiker erhalten im Saarland
        möchten. Nur 20 Prozent hätten eine feste Vorstellung.           in den drei Azubijahren erst 750, dann 850
        Doch die muss nicht immer die beste für sie sein. Fast im-       und 950 Euro. Das Einstiegsgehalt liegt
        mer kann die 40-Jährige sie dann überzeugen, eine bes-           danach zwischen 2.070 und 2.550 Euro.
        ser geeignete Variante zu wählen. „Es gibt welche, die
        sagen, sie wollen ‚eckig rot‘. Und dann zeige ich ihnen         Ausgelernten Augenoptikern stehen im
        ‚rund blau‘, weil ich mir sicher bin, dass sie ihnen gut ste-     Anschluss viele Weiterbildungsmöglichkei-
        hen würde. Und dann sind sie überrascht und freuen sich          ten offen. Infos: www.be-optician.de    ks
        über meine gute Beratung.“

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