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Kunst + Kultur
                           „Bei meinen Texten gibt es


                           keine inhaltlichen Grenzen“



                           POETRY-SLAM  Clara Brill will im Saarland eine Szene etablieren

                           Beim Poetry-Slam geht es      man eigentlich dazu, Poetry-  sehr harmonische Gruppe gewe-
                           darum, das Publikum mit       Slammerin zu  werden? „Auf der   sen. Für die deutschsprachigen
                           selbstgeschriebenen und auf   Bühne zu stehen,  wurde mir ein   Meisterschaften konnte sich die
                           der Bühne präsentierten Texten   bisschen in die Wiege gelegt. Ich   26-Jährige  dadurch  qualifizieren,
                           zu überzeugen. Der 26-jährigen   stamme aus einer sehr musikali-  dass sie die saarländischen Meis-
                           Clara Brill gelingt das so gut,   schen Familie und habe bereits als   terschaften  zuvor  gewonnen
                           dass sie schon zweimal an den   Kind Flöte, Geige, Klavier und Sa-  hatte. Doch trotz des Erfolges,
                           deutschsprachigen Meister-    xofon  spielen  gelernt. Wir  Kinder   trotz der spannenden Erfahrung
                           schaften teilnehmen durfte.   durften immer alles ausprobieren.   und trotz der großen Freude, die
                                                         Geschrieben habe ich ebenfalls   ihr das Texten bereitet, sagt Clara
                           Von Alexander Stallmann       recht  früh  und  mit  etwa  18  dann   Brill: „Ich möchte meine Tätigkeit
                                                         angefangen, lyrisch zu schreiben“,   als Poetry-Slammerin nicht pro-
                           Papier, sagt Clara Brill, sei ein gu-  sagt die Studentin.  fessionalisieren. Denn dieser Le-
                           ter Gesprächspartner. Denn die   Ihr  virtuoser  Umgang  mit  der   bensentwurf ist auch ganz schön
                           Seiten verurteilten  niemanden   Sprache führte sie unter anderem   anstrengend.“ Da viele Leute aus
                           und man könne ihnen ohne Hem-  schon zweimal zu den deutsch-  der Szene nahezu immer unter-
                           mungen alles anvertrauen. Und   sprachigen Poetry-Slam-Meister-  wegs bei irgendwelchen  Auftrit-
                           deshalb  schreibt  die  26-jährige                         ten seien, bestimme der Job das
                           Poetry-Slammerin auch nahezu    „Ich kann mich einfach     gesamte Leben. Sie habe Beden-
                           jede  Idee,  die  ihr  in  den Sinn   nicht kurzfassen“    ken, dass sie irgendwann den
                           kommt, auf. „Oft beginnen meine                            Spaß am Schreiben und Vortragen
                           Textideen  mit  einem  Gefühl.  Das   schaften. Dort trat sie als Vertrete-  verliere,  wenn  es nicht mehr
                           muss gar nichts Krasses sein. Häu-  rin des Saarlandes neben  vielen   Hobby, sondern Broterwerb sei.
                           fig  ist  es  etwas  Belustigendes   professionellen Poetry-Slamme-  Auch bei den nächsten saarländi-
                           oder Berührendes“, sagt sie. Das   rinnen und -Slammern auf. „Als ich   schen Meisterschaften habe sie
                           führe dazu, dass bei ihr alles voll   im  Jahr  2022  in  Wien  bei  den   gar kein Problem damit, wenn je-
                Clara Brill   mit Notizen ist – auf dem Handy,   deutschsprachigen Meisterschaf-  mand anderes gewinne. Dafür hat
              trägt auf der   auf dem Laptop und überall lie-  ten war, war das sehr aufregend   die junge Frau aber ein anderes
                   Bühne   gen einzelne Zettel mit kurzen   für mich, aber auch ein wenig be-  Ziel: „Ich möchte die Szene hier
                  selbst-   Textfragmenten rum. Aus den ers-  ängstigend“, erzählt Brill. Sie er-  weiter aufbauen. Meine Erfahrun-
             geschriebene   ten Ideen und kleinen Notizen   gänzt: „Alle anderen kannten sich   gen waren so positiv und es ist mir
             Texte vor. Hier   werden bei Clara Brill mit der Zeit   und ich musste mir irgendwann   ein großes Anliegen, die Kultur im
              im Bildungs-  allerdings  stimmungsvolle  Texte,   klarmachen, dass ich nicht als Fan,   Saarland zu unterstützen“, sagt
              zentrum der   teils mit viel Witz, teils mit viel Ge-  sondern  auch als Künstlerin da   Clara Brill. Zudem studiert sie an
              Arbeitskam-  fühl, aber immer mit großem Un-  bin.“ Letztlich sei es aber eine ent-  der  Hochschule für  Technik und
             mer in Kirkel.  terhaltungswert. Doch wie kommt   spannte  Atmosphäre und eine   Wirtschaft (htw saar) Kulturma-
                                                                                      nagement und arbeitet nebenher
                                                                                      als Podcasterin und Reporterin
                                                                                      beim Saarländischen Rundfunk
                                                                                      Neben der Organisation und Mo-
                                                                                      deration  von Poetry-Slams in
                                                                                      Saarbrücken arbeitet sie aber
                                                                                      auch weiter an eigenen Texten. In-
                                                                                      haltliche Grenzen gebe es dabei
                                                                                      nicht, von  einem Text  über  Mee-
                                                                                      resplastik  bis  hin  zu  einem Werk
                                                                                      übers Singledasein und alles da-
                                                                                      zwischen sei möglich. „Mir tut das
                                                                                      Schreiben einfach  gut, denn in
                                                                                      den Texten kann ich oft Dinge sa-
                                                                                      gen, die ich noch niemandem von
                                                                                      Angesicht zu  Angesicht sagen
                                                                                      könnte“, sagt die Studentin. Das
                                                                                      Papier sei aber auch in einer wei-
                                                                                   Foto: Ralf Haas  dium für sie, erklärt Clara Brill lä-
                                                                                      teren Hinsicht das perfekte Me-
                                                                                      chelnd: „Ich kann mich einfach
                                                                                      nicht kurzfassen.“


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