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Position

        zehn Milliarden Euro,  voraus-
        sichtich  über  Schulden  finan-
        ziert, um diese Summe dann auf
        dem  internationalen Aktien-
        markt als „Generationenkapital“
        für  die  GRV  anzulegen.  Auch
        sollen  bisher  unversicherte
        Selbstständige in die GRV ein-
        bezogen werden, wenn  sie
        keine  private  Altersvorsorge
        wählen.
          Um die Erwartungen  der Er-
        werbsbevölkerung  zur Alterssi-
        cherung in die Rentendebatten
        einzubringen,  haben    die
        Arbeitskammer des Saarlandes,
        die Arbeitnehmerkammer  Bre-
        men und der DGB im  Januar                                                           Foto: adobe stock/Anke Thomass
        2023 eine Rentenbefragung mit
        bundesweit  3.085  Erwerbstäti-
        gen durchführen lasssen. Da-
        nach  ist  für  91  Prozent  der  Be-
        fragten das Ziel der Armutsver-  Im Jahr 2020 waren im Saarland fast ein Viertel aller Frauen über 65
        meidung sehr oder äußerst    Jahre armutsgefährdet — deutlich mehr als noch im Jahr 2005.
        wichtig. Dass der Lebensstan-
        dard  gehalten  wird,  ist  für  60   der fünfte Selbstständige be-  wendig. Statt sich in Nebende-
        Prozent sehr oder äußerst wich-  treibt  keine  Vorsorge  und  be-  batten um das „Generationen-
        tig  und  für  36  Prozent  wichtig.   fürchtet im Alter von staatlicher   kapital“ zu verlieren, ist es pers-
        83  Prozent  sind  der  Meinung,   Unterstützung abzuhängen.   pektivisch  sinnvoller,  struktu-
        dass das Verhältnis der Renten   Die Beschäftigten erwarten   relle Debatten zu führen, etwa
        zu den Löhnen, also das Ren-  von  der  Alterssicherungspolitik   zur  Ausweitung  des Versicher-
        tenniveau, zu gering ist. 80 Pro-  mehrheitlich  mehr  Sicherheit   tenkreises auch auf Beamte und
        zent sprechen sich dafür aus,   und Planbarkeit und nicht grö-  Politiker. Dabei dürfen aber die
        dass die Renten im Gleichklang   ßere Renditechancen. Insge-  Zusammenführung von  unter-
        mit den Löhnen steigen. Ge-  samt muss es um eine Stärkung   schiedlichen  Systemen  auf  ei-
        fragt,  ob  die  Beschäftigten  bei   der gesetzlichen Rentenversi-  nem schlechterem Niveau und
        der Altersvorsorge eher auf Si-  cherung als erste Säule der Al-  Neiddebatten nicht die Ergeb-
        cherheit setzen oder hohe Ren-  terssicherung gehen, wobei vor   nisse sein.
        diten  wünschen, ist Sicherheit                              Die wichtigste  Stellschraube
        vielen wichtiger als hohe Rendi-  Wichtigste Stellschraube   ist  aber  der  Arbeitsmarkt:  Die
        ten. Eine weitere Erhöhung des   bleibt der Arbeitsmarkt   Landesregierung und Betriebe
        Renteneintrittsalters wird mehr-                           sollten angesichts der beson-
        heitlich abgelehnt. Vor die Wahl   allem eine Rückbesinnung auf   deren Armutsgefährdung  von
        gestellt, lieber länger zu arbei-  die Ziele der Lebensstandardsi-  Frauen  im Alter  vornehmlich
        ten oder höhere Rentenversi-  cherung  –  also  eine  deutliche   ihre  Anstrengungen zur Erhö-
        cherungsbeiträge zu zahlen,   Anhebung des Rentenniveaus –   hung des Erwerbsarbeitsvolu-
        spricht sich ein Großteil der Be-  und   der Armutsvermeidung   mens von  Frauen verstärken.
        fragten für höhere Beiträge aus.   notwendig ist, statt  weiter den   Dazu gehören auch verbesserte
        Beachtenswert ist, dass die jün-  privaten Vermögensaufbau fürs   Rahmenbedingung  der Verein-
        geren  Befragten  zwischen  18   Alter zu befördern. Die  Anhe-  barkeit  von Familie und Beruf.
        und  39  Jahren  zu  70  Prozent   bung der Rentenversicherungs-  Die Landesregierung sollte ihre
        und damit häufiger als die Älte-  beiträge ist für die Mehrheit der   Möglichkeiten  zur Verbesse-
        ren  zu  höheren  Beiträgen  statt   Beschäftigten akzeptabel, wenn   rung der  Verdienste und  Ar-
        späterer Rente tendieren. An der   damit verhindert wird,  länger   beitsbedingungen  von  Frauen
        Rede  vom  „Generationenkon-  arbeiten zu müssen. Da Gering-  nutzen, gerade mit Blick auf die
        flikt“  scheint  nicht  viel  dran  zu   verdiener kaum in der Lage sind   von Frauen dominierten Bran-
        sein. Eine große Mehrheit von 81   privat vorzusorgen, erscheint es   chen, wie etwa im Kita- und Al-
        Prozent  votiert  zudem  für  die   sinnvoller, Fördermittel für eine   tenpflegebereich. Die Arbeitge-
        „Schaffung  einer  allgemeinen   solidarische Stärkung der GRV   ber sind zudem gefragt, alterns-
        Rentenversicherung  für  Er-  einzusetzen und hier zum Bei-  gerechte  Arbeitsplätze zu ge-
        werbstätige, die auch Selbstän-  spiel Rentenbeiträge von Nied-  stalten, damit die Beschäftigten
        dige und Beamte umfasst“.    rigeinkommensbeziehern in der   das Renteneinrittsalter gesund
        Beamte  stimmen  dem  zu  39     Rentenberechnung stärker zu   erreichen.
        Prozent zu, aber Selbständige   berücksichtigen.  Auch die Ein-
        favorisieren ebenfalls zu 81 Pro-  beziehung der Selbständigen in   Dr. Torsten Brandt leitet die
        zent ihre Einbeziehung. Etwa je-  ein  öffentliches  System  ist  not-  Abteilung Gesellschaftspolitik.

                                                                                        AK-Konkret 2|23  ·  17
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