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Position
Wir brauchen eine Stärkung der
gesetzlichen Rentenversicherung
BEFRAGUNG Beschäftigte wollen bei der Rente vor allem mehr Sicherheit
Eine Beschäftigtenbefragung tigten keinerlei zusätzliche Al- die Eckrente viel höher als ein
der Arbeitskammer des tersversorgung. Grundsätzlich großer Teil der tatsächlichen
Saarlandes, der Arbeitnehmer- ist ihre Verbreitung bei niedrigen Renten, allein weil aktuell nur 14
kammer Bremen und des DGB Einkommen niedriger. Im Saar- Prozent der Frauen auf 45 Versi-
zeigt: Die Anhebung der land geben 28 Prozent der Be- chertenjahre kommen. So be-
Rentenversicherungsbeiträge schäftigten an, dass es für sie tragen im Saarland die Alters-
ist für die Mehrheit der Be- keine betrieblichen Angebote renten bei den Männern 1.367
schäftigten akzeptabel, wenn gibt. Und bei den bereits über und bei den Frauen nur 654
damit verhindert wird, länger 65-Jährigen erhält bundesweit Euro. Nicht nur ist mit diesem
arbeiten zu müssen. nur eine Minderheit von neun Unterschied von rund 52 Pro-
Prozent der Frauen und 28 Pro- zent der sogenannte Gender
Von Torsten Brandt zent der Männer eine betriebli- Pension Gap deutlich höher als
che Altersvorsorge. im Bundesgebiet (36 Prozent).
In der Rentenpolitik setzte sich In Diskussionen zur Angemes- Schwerwiegender ist, dass es
vor rund 20 Jahren zunehmend senheit der Rentenhöhe ist zu- sich hier um Durschnittswerte
die Vorstellung durch, dass die meist vom „Rentenniveau“ die handelt und 42 Prozent der
gesetzliche Rente (GRV) allein Rede. Zur Bestimmung ist die Frauen lediglich über eine Al-
nicht mehr für die Alterssiche- sogennannte „Eckrente“ wichtig. tersrente von bis zu 450 Euro
rung ausreicht, sondern durch verfügen. Werden im Rahmen
die betriebliche und private Vor- Frauen sind von Altersarmut des amtlichen Mikrozensus wei-
sorge ergänzt werden muss. besonders stark betroffen tere Einkommensquellen be-
Entsprechend wurde das Ren- rücksichtigt, so gelten im Saar-
tenniveau zunehmend abge- Sie ist eine rechnerische Größe, land fast ein Viertel der Frauen
! senkt und zum Beispiel mit der die sich auf die Rente eines Dur- (23 Prozent) über 65 Jahre im
Jahr 2020 als armutsgefährdet.
schnittsverdieners nach 45 Ver-
Riester-Rente die kapitalge-
Weitere deckte individuelle Vorsorge sichertenjahren bei lückenloser Im Jahr 2005 waren dies noch
16 Prozent. Bei den Männern
Beitragszahlung bezieht. Sie be-
befördert. Wo stehen wir heute?
Informationen Im Saarland geben laut der trägt im Jahr 2022 netto 1.443 waren es 2005 zehn Prozent
zur AK-Be- Beschäftigtenbefragung der Euro. Das Rentenniveau ist der und 2020 16 Prozent. Insgesamt
schäftigtenbe- Arbeitskammer „Index Gute Ar- prozentuale Anteil der Eckrente kann die kapitalgedeckte Vor-
fragung zum beit Saar“ fast die Hälfte der am Durchnittseinkommen des sorge für die Mehrzahl der aktu-
Thema Rente weiblichen Beschäftigten und jeweils aktuellen Jahres und be- ellen und zuküntigen Rentner
gibt es im ein Drittel der Männer an, dass trägt aktuell 48,1 Prozent (im Rentenkürzungen nicht kom-
Internet unter: die gesetzliche Rente später Jahr 2002 noch 52,9 Prozent). pensieren. Mit der Absenkung
www.arbeits- nicht reichen wird. Bundesweit Klar ist erstens, hier geht es der Rentenniveaus und dem
kammer.de/ besteht für ein Drittel der sozial- längst nicht mehr um Lebens- Aufbau einer kapitalgedeckten
rente. versicherungspflichtig Beschäf- standardsicherung. Zweitens ist Vorsorge kam es ungewollt zu
einer sozialpolitisch verstärkten
Verteilung der Altersrenten im Saarland 2021 nach Rentenhöhe Ungleichverteilung.
(in %, Rentenbestand am Stichtag 31.12.2021) Leider sehen die Reformvor-
haben der Ampelkoalition laut
Koalitionsvertrag keinen grund-
o 4,8
r Über 1.500 43,9 legenden Kurswechsel vor: Das
u Rentenniveau wird über 2025
n E 1.250 bis 1.500 5,9 hinaus auf nur 48 Prozent stabi-
18,9
g i 1.050 bis 1.250 7,9 Frauen lisiert. Der Beitragssatz soll 20
9,7
a Prozent nicht übersteigen. Das
r 850 bis 1.050 11,0 Männer Renteneintrittsalter wird nicht
t 6,7
e angehoben. Die betriebliche
b 650 bis 850 12,9
l 5,2 und private Vorsorge sollen
h
a 16,4 durch Anlagemöglichkeiten mit
z 450 bis 650 4,9
n höheren Renditen gestärkt wer-
e 250 bis 450 24,3 den, was weniger Sicherheiten
t 5,0
n bedeutet. Zudem wurde der
e unter 250 17,2
R 5,7 Einstieg in eine teilweise Kapi-
taldeckung der gesetzlichen
0 10 20 30 40 50 Rentenversicherung beschlos-
Quelle: Sonderauswertung der Deutsche Rentenversicherung Grafik: Arbeitskammer sen. Im Umfang von zunächst
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