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Arbeit + Gesundheit
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        beitsalltag im Zusammenhang   Technik (etwa eine Schutzkap-  Die ersten
        stehen könne. „Auch Großraum-  selung um die Lärmquelle
        büros mit zehn Leuten, Gesprä-  bauen), dann Organisatorisches   Alarmzeichen
        chen, Telefonklingeln, Türen-  (besonders  laute Tätigkeiten
        schlagen und Drucker sind Lärm   dann ausführen, wenn keine Mit-  FRÜHZEITIG ZUM ARZT GEHEN
        und Stress!“ betont er.      arbeiter in dem Bereich sind),
          Und weil nicht nur eine kurz-  und wenn all das nicht möglich      Woran merke ich, dass mein Gehör nach-
        zeitige Belastung, sondern auch   ist, personenbezogene Maßnah-  1   lässt oder geschädigt ist? „Ein sehr ein-
        die  Summe  aller  Einflüsse  ent-  men – sprich Schutzausrüstun-    deutiges Alarmsignal ist, wenn ich nach
        scheidend  ist,  sollte man  aktiv   gen für die Mitarbeiter. „Man   der  Arbeit einen  Tinnitus haben, ein Pfeifen auf
        werden. „Schon einfache Lärm-  sollte aber nicht direkt bei „P“   dem Ohr“, sagt Dr. Philipp Kulas. Ein weiteres An-
        minderungsmaßnahmen    brin-  ansetzen, sondern der Reihe    zeichen: Wenn beim Treffen mit Freunden im Lo-
        gen auf jeden Fall etwas“, meint   nach  vorgehen“, betont  der  Si-  kal,  wo  viele  Nebengeräusche herrschen, die
        der Experte. Im Büro fange dies   cherheitsingenieur. Viele Arbeit-  Kommunikation schwerfällt.  Auf jeden Fall sollte
        grundsätzlich bei der Raumge-  geber wollten sich diesem  Pro-  man frühzeitig einen HNO-Arzt aufsuchen. Auch
        staltung an: etwa bei Teppichen,   zedere jedoch nur ungern stel-  ein Besuch beim Betriebsarzt und  regelmäßige
        Gardinen und Deckenpanelen.   len, weil ein persönlicher Gehör-  arbeitsmedizinische Untersuchungen sind wichtig,
        Auch  Pflanzen  seien  ein  tolles   schutz  weniger aufwändig und   um einen Schaden dokumentieren zu lassen. Das
        Mittel,  um Schall  zu schlucken   preiswerter sei, als technische   hilft bei der Anerkennung als Berufskrankheit und
        und die Lärmbelastung zu redu-  oder organisatorische Maßnah-  einer Kostenübernahme für Hörgeräte – beson-
        zieren. Zudem rät der Oberarzt,   men umzusetzen.            ders in Berufen, in denen davon nicht automatisch
        am  Arbeitsplatz Dinge zu  ver-  Ab 80 Dezibel (dB) sind Arbeit-  ausgegangen wird (wie in Kitas oder Büros).
        meiden,  die  ganz  unbewusst   geber gesetzlich verpflichtet, ei-
        Geräusche verursachen. Im Kin-  nen Gehörschutz zur Verfügung
        dergarten etwa könne es helfen,   zu stellen.  Welche  Art beson-
        in der Küche Besteckschubla-  ders geeignet ist, sollte von ei-  Nicht nur nervig,
        den aus Kunststoff statt aus Holz   nem Experten beurteilt werden.
        zu verwenden, weil  diese  eher   Oft empfohlen wird eine „Mickey   sondern gefährlich
        dämpfen. „Das klingt  vielleicht   Maus“:  ein  Kapselhörschutz  mit
        alles plump und einfach, aber es   Bügel, der die Ohren umschließt   MÖGLICHE LANGZEITFOLGEN
        hilft“,  meint Kulas. Auch organi-  und den Ohren der Comicmaus
        satorisch ließe sich der Lärm re-  ähnelt. Und noch einen Rat hat     Lärm als psychosozialer Stressfaktor
        duzieren:  Indem  laute  Aktivitä-  Philipp Kulas: „Wenn ich grund-  2  beeinträchtigt nicht nur das subjektive
        ten zeitlich verlegt beziehungs-  sätzlich einer dauerhaften Lärm-   Wohlempfinden und die Lebensquali-
        weise   organisatorisch  und  belastung über acht Stunden    tät, sondern auch die Gesundheit im engeren
        räumlich getrennt werden.    ausgesetzt  bin,  würde  ich    Sinn, indem er das autonome Nervensystem und
          Andrej Kessler appelliert an   abends versuchen, weiteren   das hormonelle System aktiviert. Laut Umwelt-
        die Arbeitgeber, bei der Reihen-  Lärm  zu vermeiden.“  So werde   bundesamt gehören zu möglichen Langzeitfol-
        folge, um Maßnahmen umzu-    ein positiver Ausgleich geschaf-  gen chronischer Lärmbelastung neben den
        setzen, das „STOP“-Prinzip zu   fen, damit sich das Gehör erho-  Gehörschäden auch Änderungen bei biologi-
        beachten.  Das  bedeutet:  Zu-  len kann.                    schen Risikofaktoren (zum Beispiel Blutfette,
        nächst eine Substitution  versu-                             Blutzucker, Gerinnungsfaktoren) und Herz-Kreis-
        chen (die  Lärmquelle  aus dem   Katja Sponholz arbeitet als freie  lauf-Erkrankungen wie Arterienverkalkung,
        Arbeitsbereich beseitigen), dann   Journalistin in Saarbrücken.  Bluthochdruck und bestimmte Herzkrankheiten
                                                                     einschließlich Herzinfarkt.



                                                                     ANSPRECHPARTNER

                                                                     Arbeitskammer: Fragen rund um die The-
                                                                     men Sicherheit und Gesundheitsschutz be-
                                                                     antworten  die  Mitarbeiterinnen  und  Mitar-
                                                                     beiter des Referats Betrieblicher  Arbeits-,
                                                                                          Umweltschutz
                                                                                    und
                                                                                                          der
                                                                     Gesundheits-
                                                                Foto: Adobe Stock/ Racle Fotodesign  schaftspolitik@arbeitskammer.de, Tel.: 0681
                                                                     Arbeitskammer.  Kontakt:  E-Mail:  gesell-
                                                                     4005-328, -325
                                                                     BEST  e.V.: Die Mitarbeiterinnen und Mitar-
                                                                     beiter von BEST bieten Betriebs- und Perso-
                                                                     nalräten sowie Mitarbeitervertretungen be-
                                                                     triebliche Analysen und Beratungen zu Be-
                                                                     trieblichem Gesundheitsmanagement an.
                                                                     Kontakt:  www.best-saarland.de,  Tel.:  0681
        Ab 80 Dezibel sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, Beschäftigten   lastungssituationen,  Arbeitszeit und  be-
        einen Gehörschutz zur Verfügung zu stellen.                  4005-249

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