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Arbeitswelten
„Einfach toll, in solch einem
Umfeld arbeiten zu dürfen“
PORTRÄT Johannes Kunz ist Hotelfachmann
Von Katja Sponholz (Text und Foto)
„Leben, wo andere Urlaub machen“ lautet der Werbe- zum Beispiel bei der Bestückung der Minibar oder kulina-
spruch aus so mancher Ferienregion. Johannes Kunz rische Vorlieben, bekannt sind, werden diese bei jedem
könnte dieses Motto für sich ein bisschen abwandeln in: zukünftigen Aufenthalt ungefragt umgesetzt. So entsteht
„Arbeiten, wo andere Urlaub machen!“ Denn der 28-Jäh- bei den Gästen ein vertrautes Gefühl des ‚Nachhause-
rige ist Hotelfachmann und seit knapp fünf Jahren im Vic- kommens‘“, berichtet Kunz.
tor’s Residenz-Hotel Schloss Berg und sagt: „Es ist einfach
toll, in solch einem besonderen Umfeld tätig zu sein!“ Es gibt allerdings auch Situationen, in denen er freundlich,
aber bestimmt Nein sagen muss: Etwa dann, wenn Gäste
Dass er auch an Wochenenden und Feiertagen manch- meinen, noch kurzfristig für denselben Abend einen Tisch
mal früh aufstehen muss oder Stress hat, während andere im Drei-Sterne-Restaurant „Victor’s Fine Dining by Chris-
hier relaxen, nervt ihn nicht. Ganz im Gegen- tian Bau“ oder ein kostenloses Upgrade für
teil. Auch als Schüler habe er schon gerne eine Suite zu bekommen, weil diese doch oh-
seine Mutter, eine Hotelfachfrau, in die Be- Es ist besonders nehin leer sei. Da braucht es dann manchmal
triebe in Trier begleitet. „Und der erste Ein- schön, wenn man den auch ein gutes Nervenkostüm – zusätzlich zu
druck war immer: Dort arbeiten zu können, wo Gästen den Aufenthalt dem Organisationstalent und der Fähigkeit,
die Leute zum Urlaub machen hinkommen, durch das eigene sich selbst eine Arbeitsstruktur erarbeiten zu
ist schon ein gutes Gefühl!“ Zutun zu etwas können.
Besonderem machen
Und dabei war sein Weg gar nicht unbedingt Die Arbeitszeiten findet Johannes Kunz dabei
vorgezeichnet: Denn nach dem Schulab- kann. gar nicht so schlimm: „Das weiß man ja, bevor
schluss mit mittlerer Reife sei er zunächst man sich für diesen Beruf entscheidet“, meint
noch etwas „planlos gestartet“, habe aber er. Und sie hätten sogar seine guten Seiten:
dann durch seine familiäre „Vorbelastung“ Denn mit Freunden, von denen viele ebenfalls
doch eine Ausbildung in einem Hotel in Trier aus dem Hotelgewerbe kommen, könne man
begonnen. Mit Erfolg bewarb er sich anschlie- sich ganz entspannt statt am Wochenende
ßend auf eine Stelle in Perl-Nennig – und machte von hier eben mittwochs oder donnerstags zum Essen treffen. Der
aus Karriere. Denn vom normalen Mitarbeiter am Emp- 28-Jährige weiß jedoch auch, dass die Bereitschaft, zu
fang ist er seit März bis zum Leiter aufgestiegen. Und „klassisch schwierigen Zeiten zu arbeiten“, sinkt. Deshalb
auch, wenn er seitdem mehr im Hintergrund mit Planung, hat er vor allem einen Wunsch für seine Branche: „Dass
Organisation und Dienstplan-Gestaltung zu tun hat, ist er die jungen Leute, die nachkommen, eine ähnliche Heran-
immer wieder auch an der Rezeption zu finden. Speziell gehensweise entwickeln und diesen Beruf einfach so
dann, wenn es mal Probleme oder schwierigere Situatio- gerne machen, wie ich.“
nen zu lösen gibt.
Vor allem der Kontakt mit immer unterschiedlichen Men-
schen und auch unterschiedlichen Wünschen macht Jo- HINTERGRUND
hannes Kunz dabei besondere Freude: „Die Rezeption ist
ein bisschen der Dreh- und Angelpunkt des Hotels“, so Rechtlich ist laut Bundesagentur für Arbeit für
der 28-Jährige. „Und es ist besonders schön, wenn man diese Ausbildung keine bestimmte Schulbil-
den Gästen dann durch das eigene Zutun den Aufenthalt dung vorgeschrieben. In der Praxis stellen
zu etwas Besonderem machen kann.“ Traditionell gehört Betriebe überwiegend Auszubildende mit
dazu, „Urlaubsberater“ zu sein, Tipps für Ausflüge und mittlerem Bildungsabschluss oder Hochschul-
Veranstaltungen zu geben oder auch mal Shuttle- und reife ein.
Limousinen-Fahrten zu organisieren. „Was wir umsetzen
können, machen wir natürlich“, sagt Johannes Kunz. „Zwar Im ersten Lehrjahr gibt es 800 bis 1.100 Euro,
gibt es immer mal wieder außergewöhnliche Dinge, bei im zweiten 875 bis 1.200 Euro und im dritten
denen man stutzt, aber prinzipiell gibt es eigentlich nichts, 950 bis 1.300 Euro. Das Einstiegsgehalt beträgt
wo man im Vorfeld direkt Nein sagen würde.“ Selbst, wenn laut Azubi.de durchschnittlich 2281 Euro.
ein Gast abends um 22 Uhr noch ein großes Blumenbou-
quet bestellt, weil er den Geburtstag seiner Frau verges- Im Anschluss kann man sich zum/zur geprüf-
sen hat. ten Hotelmeister/in oder zum Fachwirt im
Gastgewerbe weiterbilden. Mit einer Hoch-
Und manchmal wird das Team auch schon im Vorfeld ak- schulzugangsberechtigung könnte man im
tiv und erfüllt unausgesprochene Wünsche. „Wenn etwa Anschluss auch studieren – etwa Tourismus. ks
bei langjährigen Stammgästen bestimmte Präferenzen,
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