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Recht + Rat
        Ohne Indizien gibt es                                            „Workation“: Das


        keine Entschädigung                                              gilt bei einem
                                                                         Arbeitsunfall
        ALTERSDISKRIMINIERUNG Vermutung reicht nicht aus
                                                                         VERSICHERUNGSSCHUTZ
        Wer einen Anspruch auf Entschä-  schreibung  geforderten  Qualifika-
        digung  wegen Altersdiskriminie-  tionen  überdurchschnittlich. We-  Arbeitnehmer, die im EU-Ausland „Workation“
        rung im Einstellungsprozess nach   gen seines Alters und wegen des   machen und vorübergehend etwa aus einem
        dem Allgemeinen  Gleichbehand-  zeitlichen Zusammenhangs zwi-    Ferienhaus arbeiten, können auch dort bei ei-
        lungsgesetz (AGG) geltend ma-  schen der betriebsbedingten Be-   nem Unfall während der Arbeitszeit gesetzlich
        chen will, muss auch Indizien vor-  endigung des Arbeitsverhältnisses   unfallversichert sein. Der Umfang der Tätigkeit
        tragen, die diese überwiegend   und des Stellengesuchs bestehe   in Deutschland muss dafür pro Jahr allerdings
        wahrscheinlich erscheinen lassen.   die Vermutung, dass er im Einstel-  bei  mindestens  25  Prozent  liegen.  Darauf
        Eine pauschale  Vermutung reicht   lungsprozess wegen seines Alters   weist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft
        nicht aus, so ein Urteil des Landes-  benachteiligt worden sei. Das Lan-  (VBG) in ihrem Magazin „Certo“ (Ausgabe
        arbeitsgerichts Rheinland-Pfalz.  desarbeitsge-richt Rheinland-Pfalz   1/2023) hin. Die VBG rät zudem, mit dem Ar-
          Im konkreten Fall, auf den die   wies die Klage ab. Zwar könne das   beitgeber eine schriftliche  Vereinbarung als
        Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht   Alter ein Diskriminierungsgrund   Zusatz zum Arbeitsvertrag abzuschließen. Da-
        des  Deutschen  Anwaltvereins  sein, notwendig sei aber, dass im   raus sollte sich ergeben, dass man auch wäh-
        (DAV) hinweist, war einem Projekt-  Streitfall der Kläger Indizien be-  rend der Arbeit im Ausland in den Betrieb ein-
        leiter zunächst aus betriebsbe-  weist, die eine Benachteiligung   gegliedert ist und dem  Weisungsrecht des
        dingten Gründen gekündigt  wor-  wegen eines im  AGG genannten   Arbeitgebers in Bezug auf Ort, Zeit und Art der
        den.  Wenige  Monate  später  Grundes vermuten lassen. Sei dies   Tätigkeit unterliegt, wenn auch in gelockerter
        schrieb dieser  Arbeitgeber eine   der Fall, trage dann die Arbeitge-  Form. Möglichst vor Reiseantritt sollte zudem
        Stelle als Projektleiter aus, auf die   berseite die Beweislast dafür, dass   eine  Bescheinigung  über  die  Weitergeltung
        sich der damals 56-Jährige be-  kein Verstoß vorgelegen habe. Im   des  deutschen  Sozialrechts  (A1-Bescheini-
        warb. Nachdem er eine Absage er-  vorliegenden Fall habe der Kläger   gung) beantragt werden, in der Regel elektro-
        halten hatte, machte er einen An-  aber keine ausreichenden Indizien   nisch durch das Unternehmen bei der Kran-
        spruch auf Entschädigung geltend.   vorgetragen.  Auch der Einwand   kenkasse der Beschäftigten.
        Er erfülle die in der Stellenaus-  des Klägers, dass ihn das Unter-  Hat man dann in der Ferienwohnung etwa
                                     nehmen nochmals hätte einladen      auf dem Weg zum Schreibtisch einen Unfall,
                                     müssen, um gegebenenfalls  Än-      ist für den Versicherungsschutz der Nachweis
                                                                         erforderlich,  dass  der  Unfall  hauptsächlich
                                     derungen in seiner Persönlichkeit
          Foto: Adobe Stock/Pixel-Shot  erkennbar nicht auf sein Alter. Zu-  ist.                        tmn
                                     feststellen zu können, beziehe sich
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                                     dem  sei  das  Anforderungsprofil
                                               Stellenausschreibung
                                           der
                                     aus
                                     nicht vollständig  deckungsgleich
                                     im Arbeitszeugnis des Klägers ge-
                                                                         genannt werden
                                     wesen.
        Wer  glaubt  aus  Altersgründen   mit den Tätigkeitsbeschreibungen   Grund muss nicht
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        diskriminiert  zu  werden,  muss
        Indizien dafür vorweisen     Aktenzeichen 6 Sa 267/21            KÜNDIGUNG
                                                                         Wer seinen Job kündigen will, aber dem Ar-
                                                                         beitgeber lieber nicht den Grund  verraten
        Keine Meldepflicht                                               möchte, fragt sich vielleicht, ob man den Kün-
                                                                         digungsgrund überhaupt mitteilen muss. Die
                                                                         kurze Antwort: Nein. Eine Kündigung bedarf
        SCHWANGERSCHAFT  Chef muss nicht informiert werden               keiner Angabe eines Grundes. „Wer kündigt,
                                                                         kann sagen, warum, muss aber nicht“, erklärt
        Wer schwanger ist, möchte  viel-  Frauen können selbst entscheiden,   Arbeitsrechtsanwältin Nathalie Oberthür. An-
        leicht nicht unbedingt den Arbeit-  ob sie bis zum Ende des dritten   dererseits: Viele würden dem Chef oder der
        geber sofort ins Vertrauen ziehen.   Monats oder sogar noch länger   Chefin vielleicht den Grund gerne nennen, tun
        Doch wie lange können werdende   warten.  Theoretisch müssten sie   dies aber nicht, weil man nicht will, dass dieser
        Mütter damit eigentlich warten? Im   die Schwangerschaft überhaupt   weitergegeben wird. Auch dazu gibt es eine
        Mutterschutzgesetz  (Paragraf  15)   nicht mitteilen. Einen Sonderfall   gute Nachricht: Das darf der Chef aus Daten-
        steht, dass Schwangere ihren  Ar-  gibt es allerdings: Spricht der Ar-  schutzgründen gar nicht. „Bei Kündigungs-
        beitgeber, sobald sie über die   beitgeber eine Kündigung aus,   gründen handelt es sich um personenbezo-
        Schwangerschaft  Bescheid wis-  muss die Mitarbeiterin ihm binnen   gene Daten, die muss der Arbeitgeber für sich
        sen, informieren sollen. „Das heißt   zwei  Wochen sagen, dass sie   behalten“, sagt Oberthür. Fragen Kundinnen
        allerdings nicht, dass sie das auch   schwanger ist. Denn dann greift   oder Kolleginnen nach, muss er dichthalten.
        müssen“, sagt die Fachanwältin für   der besondere Kündigungsschutz   Sagt er es doch weiter, besteht sogar Aussicht
        Arbeitsrecht Nathalie Oberthür.   in der Schwangerschaft.    tmn  auf ein Schmerzensgeld.        tmn

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