Page 8 - AK-Konkret: 3 | 2024 | AK-SPEZIAL „LEBEN + FREIZEIT“

Titelthema
Migration ist eine Chance

gegen den Fachkräftemangel

ARBEITSMARKT Babyboomer gehen in Rente – Bedarf an Fachkräften wächst

Migranten spielen eine wichtige Rentenalter noch eine kleine Be- Deutschland wird qualifizierte
Rolle für den Arbeitsmarkt und völkerungsgruppe, aber in zehn Zuwanderung benötigen. Exper-
stützen unser Sozialsystem. bis 15 Jahren werden sie einen ten schätzen, dass jährlich rund
Wenn nun die Babyboomer-Ge- deutlich höheren Anteil ausma- 400.000 Zuwanderer erforderlich
neration in Rente geht, wächst chen, während gleichzeitig we- sind, um den Bedarf an Fachkräf-
der Bedarf an Fachkräften. niger junge Menschen nach- ten zu decken. Im Saarland wären
Zugewanderte Menschen sind wachsen (siehe Grafik). das etwa 5.000 Menschen. Die
eine wertvolle Ressource, um Obwohl mehr Frauen als frü- Bundesregierung hat deshalb mit
diese Lücke zu schließen. her arbeiten und viele Beschäf- dem Fachkräfteeinwanderungs-
tigte länger erwerbstätig blei- gesetz die Zuwanderung von
Von Dagmar Ertl ben, reicht dies nicht aus, um die Menschen aus Drittstaaten er-
zukünftigen Arbeitsplätze zu be- leichtert und nun nachgebessert.
In der Pflege, Gastronomie, im setzen. Im Saarland werden in Weil es durchaus kritisch ist,
Handwerk, im Sozial- und Erzie- den kommenden 15 Jahren na- Fachkräfte aus ärmeren Regio-
hungswesen, auf dem Bau oder hezu 150.000 sozialversicherte nen (zum Beispiel Pflegekräfte
in der IT – überall fehlt heute Beschäftigte in den Ruhestand aus Mexiko) abzuwerben, plä-
schon Personal. Die zahlenmä- gehen. Von ihnen haben rund diert die AK dafür, die Potenziale
ßig starken Jahrgänge der Baby- 110.000 eine anerkannte Be- derjenigen, die bereits im Land
boomer-Generation werden rufsausbildung, und sie hinter- leben, zu stärken. Dies gilt insbe-
demnächst in Rente gehen und lassen eine gravierende Fach- sondere für geflüchtete Men-
jüngere Arbeits- und Fachkräfte kräftelücke. schen, die in großer Zahl 2015/16
werden noch dringender benö- Es ist ein populistisches Vorur- aus Syrien und 2022/23 aus der
tigt. Aktuell sind Menschen im teil anzunehmen, dass Migranten Ukraine ins Land kamen. Für Ge-
in unser Sozialsys- flüchtete steht zunächst die hu-
tem einwandern, manitäre Hilfe im Vordergrund –
Altersstruktur der Bevölkerung im Saarland 2022 um es auszunutzen. von Wohnen bis hin zur medizini-

Deutsche Ausländer Tatsächlich stützen schen Betreuung. Erwerbsarbeit
sie unser Sozialsys- ist dann aber eine grundlegende
Frauen Männer tem. Im Saarland Voraussetzung, damit sie sich
100
stieg der Anteil aus- hier ein neues Leben aufbauen
Ausländeranteil ländischer Be- können. Sprach- und andere In-
über 65-Jährige: schäftigter von 9,5 tegrationsprogramme erleich-
5,1%
Prozent im Jahr tern die schrittweise Integration
2013 auf 14,8 Pro- in den Arbeitsmarkt. Mittlerweile
80
zent im Jahr 2023. sind von den 2015 zugezogenen
Sie zahlen Steuern Geflüchteten rund zwei Drittel er-
und Sozialversiche- werbstätig. Der Job-Turbo, den
rungsbeiträge. Ins- das Bundesarbeitsministerium
gesamt sind hier nun gestartet hat, soll dies noch
knapp 67.000 Men- besser gelingen lassen. Das Pro-
60
schen mit ausländi- gramm setzt auf einen schnellen
scher Staatsange- Arbeitsmarktzugang und den
Ausländeranteil hörigkeit beschäf- Ausbau sprachlicher und fachli-
15 bis unter tigt, während cher Kompetenzen. Dabei muss
65 Jahre: 16,3% gleichzeitig die verhindert werden, dass geflüch-
40
Zahl der deutschen tete Menschen schnell in prekäre
Beschäftigten al- Helferjobs gedrängt werden, die
tersbedingt gesun- unterhalb ihrer Qualifikation lie-
ken ist. Die Bevöl- gen. Auf dem Arbeitsmarkt wer-
kerungspyramide den Fachkräfte gebraucht. Des-
verdeutlicht, dass halb ist die Anerkennung von im
20
ohne die ausländi- Herkunftsland erworbenen Qua-
sche Bevölkerung, lifikationen zu beschleunigen
Ausländeranteil
unter 15-Jährige: die deutlich jünger und die fachliche Qualifizierung
19,9% ist als die deutsche, zu fördern.
das Saarland auf
0
-10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 tönernen Füßen Dagmar Ertl ist Referentin für
Quelle: Statistisches Bundesamt, Genesisabruf am 13.05.2024
steht. Arbeitsmarkt- und Armutspolitik.

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