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Tit elthema  zur  Krise
                                                                                         Titelthema zur Krise
        höhere,  armutsfeste  Regelsätze
        beim geplanten Bürgergeld und
        in der Grundsicherung, eine Kin-
        dergrundsicherung sowie eine
        Reform  des  öffentlichen  Perso-
        nennahverkehrs. Zentrale Forde-
        rungen stellt auch der DGB in ei-
        nem Positionspapier auf, das un-
        ter  https://www.dgb.de/echt-
        gerecht-solidarisch-durch-die-
        krise/++co++-bd00cf54-3a6d-
        11ed-b47f-00 1a4a160 123
        abzurufen ist.
          Dass es überhaupt so weit ge-
        kommen ist, liegt nach Einschät-
        zung  vieler  Branchenexpertin-
        nen- und Experten  vor allem in
        der verfehlten Energiepolitik der
        vergangenen   Jahrzehnte.   Es
        wurde  an vielen  Stellen ver-
        säumt, den Ausbau erneuerbarer
        Energien  konsequent voranzu-
        treiben. Der Netzausbau  von
        Norden bis an die Lastzentren im
        Süden ist unzureichend, der
        Wärmemarkt  wurde auf fossile
        Energieträger (insbesondere rus-  Weiterentwicklung  des Netzes   schaftliche und ökologische Zu-  Immer mehr
        sisches Gas) ausgerichtet und es   und von  Speichertechnologien,   kunftsfähigkeit als auch den ge-  Menschen
        wurden zu wenig Effizienzpoten-  die energetische Gebäudesanie-  sellschaftlichen Zusammenhalt.   fordern den
        ziale genutzt. Der Verkehrssektor   rung und die  Verkehrswende   Ökologische, wirtschaftliche und   ökologischen
        wurde nicht reformiert.      müssen  entsprechende Anreize   soziale Interessen der Beschäf-  Wandel und
                                     gesetzt und öffentliche Investiti-  tigten rücken somit immer näher   gehen dafür
          Strom aus erneuerbaren     onen getätigt werden. Zur Finan-  zusammen. Die sozial ausgewo-  auf die Straße.
        Energien ist bereits günstiger  zierung hat die  Arbeitskammer   gene Bewältigung der Klimakrise
                                     bereits Vorschläge  unterbreitet   ist  Voraussetzung  für  gutes  Le-
          Abgesehen davon, dass die   (Reform  der  Schuldenbremse,   ben und Arbeiten.
        Energiewende unbedingt voran-  öffentliche Beteiligungen, Trans-
        getrieben werden  muss,  um ei-  formationsfonds).  Den  Klima-  Carina Webel ist Leiterin der
        nen lebenswerten Planeten für   schutz aufgrund der aktuellen   Abteilung Wirtschafts- und
        die nachfolgenden Generationen   Lage zu verschieben, verlängert   Umweltpolitik.
        zu erhalten, ist Strom aus erneu-  und vertieft die Krise und gefähr-  Christian Ott leitet das Referat
        erbaren Energien bereits heute   det  dadurch  sowohl die  wirt-  Umwelt- und Verkehrspolitik.
        günstiger als fossile Energien
        oder  Atomenergie.  Die  ökologi-
        sche Transformation aktiver vor-
        anzubringen,  würde  folglich         AK-STANDPUNKTE ZUM TITELTHEMA
        nicht nur einen positiven Beitrag
        zum Klimaschutz leisten, son-         Die Krise darf Einkommensschwache nicht gefährden
        dern auch die  Wettbewerbsfä-         und bietet Chancen für einen ökologischen Wandel
        higkeit  der  in  Deutschland  pro-
        duzierenden  Betriebe verbes-          Es bedarf einer aktiven Politik, um die Folgen der akuten Krisen
        sern, Arbeitsplätze in der Indust-       zu lindern und gleichzeitig Weichen für eine gute Zukunft zu
        rie sichern, neue Arbeitsplätze im       stellen.
        Zusammenhang mit dem Aufbau
        und Betrieb von Anlagen schaf-          Die Schuldenbremse ist auszusetzen, die reichsten Bevölke-
        fen  und  die  Abhängigkeit  der         rungsgruppen, die kaum unter der Inflation leiden und für den
        deutschen Volkswirtschaft  von           größten CO2-Ausstoß verantwortlich sind, müssen
        autokratischen Regimen und               stärker finanziell an der Bewältigung der Krise beteiligt werden.
        Rohstoff-Oligopolen  verringern.        Es verbietet sich, von Menschen, die keinerlei Einsparmöglich-
        Es gilt also nun, die Energie-
        wende aufgrund der akuten                keiten besitzen, Verzicht zu fordern. Hier müssen Verteilungs-
        Krise nicht zu verschieben, son-         fragen diskutiert werden.
        dern im Gegenteil deutlich zu           Wenn es gelingt, Klima- und Arbeiterbewegung zusammen-
        beschleunigen.                           zuführen und gemeinsam für eine sozial-ökologische Transfor-
          Für den  Ausbau erneuerbarer           mation zu kämpfen, gibt es eine Chance für eine gute Zukunft.
        Energien,  die  entsprechende

                                                                                          AK-Konkret 5|22·  9
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