Häufig gestellte Fragen zur Entgeltfortzahlung bei Krankheit
Aktualisiert am 02. Dezember 2024
Ab welchem Zeitpunkt habe ich Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Nachdem das Arbeitsverhältnis vier Wochen ununterbrochen bestanden hat, ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Bis zum Ende der vierwöchigen sog. Wartezeit besteht nur ein Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse bei gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten.
Beispiel: Wenn die Arbeitsunfähigkeit nach 23 Kalendertagen des Arbeitsverhältnisses eintritt und 8 Tage dauert, besteht bis zum 28. Kalendertag nur ein Anspruch auf Krankengeld, welches von der Krankenkasse gezahlt wird. Ab dem 29. Kalendertag besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die restlichen drei Tage.
Übrigens: Auch „Aushilfen“, bzw. „Minijobber, die auf geringfügiger Basis sozialversicherungsfrei beschäftigt werden, haben einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Für welche Tage wird die Entgeltfortzahlung geleistet?
Grundsätzlich ist Voraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, dass wegen der Erkrankung nicht gearbeitet werden konnte. Die Krankheit muss also ursächlich für den Arbeitsausfall sein. Das bedeutet, dass für Tage, an denen man gearbeitet hätte und nur wegen der Erkrankung nicht arbeiten konnte, der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leisten muss.
Wie hoch ist die Entgeltfortzahlung bei regelmäßiger Arbeitszeit?
Bei regelmäßiger Arbeitszeit muss der Arbeitgeber dem erkrankten Arbeitnehmer das Entgelt fortzahlen, das er normalerweise in dieser Zeit verdient hätte. Der ausgefallene Tag wird also so berechnet, wie er üblicherweise gearbeitet worden wäre (Entgeltausfallprinzip).
Beispiel: Lisa Müller arbeitet von Montag bis Freitag je acht Stunden am Tag. Sie erkrankt von Mittwoch bis Samstag. Für Mittwoch bis Freitag müssen ihr somit je acht Stunden gutgeschrieben und bezahlt werden. Der Samstag bleibt als arbeitsfreier Tag außen vor.
Was gilt bei Arbeit auf Abruf?
Für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung auf Abruf erbringen, ordnet § 12 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz seit dem 1.1.2019 an, dass sich, sofern noch keine Diensteinteilung bzw. kein Abruf erfolgt war, die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Krankheitsfall nicht nach dem Entgeltausfallprinzip, sondern nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Referenzzeitraum) bestimmt.
Wie hoch ist die Entgeltfortzahlung bei unregelmäßiger Arbeitszeit?
Ist die Arbeitszeit an den einzelnen Tagen unregelmäßig lang, so muss, wenn die Dauer der Arbeitszeit laut Dienstplan feststeht, die tatsächlich ausgefallene Arbeitszeit gutgeschrieben und bezahlt werden.
Beispiel: Lisa Müller arbeitet von Montag bis Mittwoch je acht Stunden am Tag, Donnerstag und Freitag je fünf Stunden. Sie erkrankt von Mittwoch bis Samstag. Für Mittwoch müssen ihr somit acht Stunden gutgeschrieben und bezahlt werden, für Donnerstag und Freitag je fünf Stunden. Der Samstag bleibt als arbeitsfreier Tag außen vor. Es ist hingegen nicht zulässig, Lisa Müller nur eine durchschnittliche Arbeitszeit von 6,8 Stunden pro Tag gutzuschreiben, da so ggfs. unzulässige Minusstunden entstehen könnten.
Nur für den Fall, dass es keinen Dienstplan gibt und die tatsächlich ausgefallene Arbeitszeit nicht nachvollziehbar ist, weil sie beispielsweise flexibel eingeplant wird, ist zur Bestimmung der „regelmäßigen“ Arbeitszeit eine vergangenheitsbezogene Betrachtung zulässig und geboten.
In der Vergangenheit hat das Bundesarbeitsgericht für die Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung g einen Vergleichszeitraum von zwölf Monaten vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit herangezogen. In Anlehnung an die gesetzlichen Regelungen zur Arbeit auf Abruf dürfte zukünftig auch ein Abstellen auf einen Referenzzeitraum von drei Monaten vor Beginn der Erkrankung in Betracht kommen.
Was ist bei unregelmäßigen Dienstplanzeiten zu beachten?
Wäre an dem Krankheitstag nach Dienstplan nicht gearbeitet worden, besteht auch kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Etwas anderes gilt dann, wenn die Arbeitszeit immer nur für einen bestimmten Zeitraum geplant wird und der Arbeitnehmer über diesen Zeitraum hinaus erkrankt. Dann ist es nicht zulässig, die Arbeitszeit so zu planen, dass kein oder weniger Einsatz erfolgt wäre. Die Dienstplanung darf also nicht die Erkrankung zum Anlass nehmen, weniger Stunden oder Freischichten einzuplanen.
Werden auch Zuschläge und Zulagen von der Entgeltfortzahlung umfasst?
Etwaige Zuschläge (z.B. Nachtzuschläge), Prämien und Provisionen werden bei der Entgeltfortzahlung berücksichtigt. Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, wie beispielsweise Auslösungen, Verpflegungskostenzuschüsse und Schmutzzulagen sind jedoch ausgenommen.
Werden auch geleistete Überstunden bei der Entgeltfortzahlung berücksichtigt?
Überstunden werden bei der Höhe der Entgeltfortzahlung nicht berücksichtigt, es sei denn, sie fallen regelmäßig an.
Wie lange muss der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leisten?
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als sechs Wochen (42 Kalendertage) dauert.
Wann entsteht der Anspruch von neuem?
Erkrankt der Arbeitnehmer nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit an einem anderen Leiden, entsteht ein neuer Fortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen. Ist jedoch nach ärztlicher Diagnose dieselbe Krankheit die Ursache für die erneute Arbeitsunfähigkeit, besteht ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch nur, wenn der Arbeitnehmer vor der neuen Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit erkrankt war oder wenn seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist. Außerdem ist ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung dann gegeben, wenn zwei verschiedene Krankheiten nacheinander Arbeitsunfähigkeit begründen, zwischen beiden Krankheiten Arbeitsfähigkeit vorlag und die vorhergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit beendet war.
Was ist zu tun, wenn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber ausgeschöpft ist?
Ist der Entgeltfortzahlungsanspruch ausgeschöpft, besteht für gesetzlich versicherte Arbeitnehmer Anspruch auf Krankengeld bei der Krankenkasse. Auch hier gilt jedoch, dass geringfügig Beschäftigte keinen Krankengeldanspruch haben.
Was gilt, wenn man krankgeschrieben ist und sich eine neue Krankheit mit einer anderen Diagnose anschließt oder eine weitere Erkrankung hinzutritt?
Beim Hinzutreten einer Erkrankung zu einer bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit verlängert sich die Anspruchsdauer von sechs Wochen nicht. Dies gilt auch dann, wenn die hinzugetretene Erkrankung für sich allein gesehen eine Arbeitsunfähigkeit begründet. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass bei einer neuen, auf einem anderen Grundleiden beruhenden Krankheit kein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht, wenn die vorhergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit noch nicht beendet war. So ist ein arbeitsfreies Wochenende zwischen der ersten und der zweiten Erkrankung in der Regel nicht ausreichend. Es wird in diesen Fällen nach der Rechtsprechung grundsätzlich von einer einheitlichen Erkrankung ausgegangen. Ein neuer Anspruch entsteht erst, wenn der Arbeitnehmer eine zwischenzeitliche Arbeitsfähigkeit belegen kann.
Wann muss ich dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit melden?
Die Arbeitsunfähigkeit muss unverzüglich mitgeteilt werden. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber erwarten, dass sofort nach der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit deren voraussichtliche Dauer - soweit möglich - telefonisch übermittelt wird. Dies gilt auch, wenn bei einer länger andauernden Erkrankung eine so genannte Folgebescheinigung ausgestellt wird.
Darüber hinaus muss bereits die Tatsache, dass die Arbeit nicht aufgenommen werden kann, grundsätzlich unverzüglich - wenn möglich vor Arbeitsbeginn - übermittelt werden. Auch wenn kein Arzt aufgesucht wird oder aber der Arztbesuch erst später am Tage durchgeführt werden kann.
Daran ändert auch die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum 01. Januar 2023 nichts. Arbeitnehmer müssen also im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ihre Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber weiterhin erfüllen.
Wann muss ich eine ärztliche Bescheinigung vorlegen?
Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum 01. Januar 2023 wurde die bisherige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform („gelber Schein”) nun weitestgehend durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt. Der Arzt übermittelt fortan die entsprechenden Daten an die Krankenkasse des Arbeitnehmers, welche die erforderlichen Daten dann wiederum für den Arbeitgeber bereitstellt. Dieser ruft die Daten bei der Krankenkasse ab, sofern der Arbeitnehmer seiner Anzeigepflicht nachgekommen ist und der Arbeitgeber somit Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit und der Abrufbarkeit der Daten erlangt hat. Kommt es zu einem Störfall (z.B. Fehler in der Datenübermittlung), so dient die papierhafte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin als Nachweis. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit muss erfolgen, sobald die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage (d.h. auch Samstage, Sonn- und Feiertage zählen mit) dauert. Der Arbeitgeber kann dies aber auch schon früher verlangen.
Achtung: Häufig gibt es entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag, die den gesetzlichen Regelungen vorgehen und dann individuell zu beachten sind.
Gelten die Regelungen zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für jeden?
Die bisherigen Regelungen (Anzeige- und Nachweispflicht) gelten noch immer für privat versicherte Arbeitnehmer, Minijobber in Privathaushalten sowie in Fällen, in denen die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wird, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Diese Personen müssen weiterhin selbst ihrem Arbeitgeber die AUB in Papierform vorlegen.
Kann der Arbeitgeber den „Krankenschein“ anzweifeln?
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Ärzten korrekt ausgestellt werden. Aus diesem Grund stellt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen sogenannten Anscheinsbeweis dar, der bei Zweifeln vom Arbeitgeber erschüttert werden müsste. Hierfür muss der Arbeitgeber triftige Gründe vortragen. Erst wenn der Anscheinsbeweis erschüttert wurde, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen.
In mehreren aktuellen Urteilen haben das Bundesarbeitsgericht und weitere Instanzgerichte für den Fall, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, verbunden mit der zeitgleichen Krankmeldung, die bis zum Ablauf des Arbeitsverhältnisses attestiert wurde, den Anscheinsbeweis der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als erschüttert angesehen.
Was passiert, wenn die Krankheit länger dauert, als vom Arzt bescheinigt wurde?
In diesem Fall ist vom Arzt eine Folgebescheinigung zu erstellen. Die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber wiederum unverzüglich gemeldet werden.
Womit muss ich rechnen, wenn der Arbeitgeber keinen ärztlichen Nachweis über das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit erhält?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung für die Dauer der Erkrankung solange verweigern, bis der ärztliche Nachweis vorliegt.
Kommt es zu einem Störfall (z.B. Fehler in der Datenübermittlung), so dient die papierhafte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin als Nachweis.
Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Abmahnung oder gar einer verhaltensbedingten Kündigung.
Was ist zu beachten, wenn die Erkrankung im Ausland eintritt?
Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als angezeigt, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Kehrt ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer in das Inland zu so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen.
Was gilt, wenn ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit verursacht hat?
Hat der Erkrankte, z.B. wegen eines Unfalles, gegen einen Dritten einen gesetzlich begründeten Schadensersatzanspruch auch wegen seines Verdienstausfalles, geht dieser Anspruch auf den Arbeitgeber kraft Gesetzes über. Der Arbeitnehmer hat seinem Arbeitgeber dafür alle erforderlichen Angaben zu machen.
Was gilt, wenn eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation ansteht?
Bei solchen Maßnahmen (z.B. „Kuren“) besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn ein Sozialleistungsträger (z.B. Rententräger oder Krankenkasse) die Maßnahme vor Antritt bewilligt hat und die Kosten der Maßnahme übernimmt.
Die Maßnahme muss in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt werden. Sie kann sowohl stationär oder teilstationär als auch ambulant durchgeführt werden. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber den Beginn der Maßnahme, die voraussichtliche Dauer und die eventuelle Verlängerung der Maßnahme unverzüglich mitzuteilen und ihm den Bewilligungsbescheid des Sozialleistungsträgers für die Maßnahme oder eine ärztliche Bescheinigung über die Erforderlichkeit der Maßnahme unverzüglich vorzulegen.
Wann endet der Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet der Anspruch auf Entgeltfortzahlung, es sei denn, der Arbeitgeber hat das Arbeitsverhältnis gerade aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Dies wird in der Regel dann angenommen, wenn der Beginn der Arbeitsunfähigkeit und die Kündigung zeitlich zusammenfallen. Leistet der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung nicht, so kann der Arbeitnehmer Krankengeld bei seiner Krankenkasse beantragen (sofern er versicherungspflichtig beschäftigt ist) und Klage beim Arbeitsgericht erheben. Hierbei sind etwaige vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen zu beachten.