Unser Auftrag an eine künftige Bundesregierung: Gute Arbeit, gute Löhne, gute Pflege und gute soziale Sicherung für Alle

Pressedienst vom

„Es wird höchste Zeit, dass alle demokratischen Parteien, die jetzt zur Bundestagswahl antreten, über die Themen reden, die das Leben der Menschen in diesem Land tatsächlich besser machen“, fordert Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes. „Reden wir über einen Mindestlohn, der vor Armut schützt, über viel mehr Betriebe mit Tarifverträgen, über eine überfällige Anhebung des Rentenniveaus, über eine Pflegevollversicherung und über ein Recht auf Weiterbildung. Um nur einiges zu nennen.“ Gemeinsam mit der Arbeitnehmerkammer Bremen hat die Arbeitskammer des Saarlandes deshalb jetzt einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl veröffentlicht, der noch weitaus mehr Punkte enthält.

Mindestlohn muss rauf

Aus Sicht der Arbeitskammer muss die Mindestlohnpolitik zwei zentrale Aufgaben erfüllen: Der Mindestlohn muss armutsfest sein und er muss die Kaufkraft von Geringverdienern sichern. Das ist nicht der Fall. Denn der deutsche Mindestlohn von 12,82 Euro liegt deutlich unter dem von der EU geforderten Schwellenwert von 60 Prozent des mittleren Lohns im jeweiligen Land. Das wären in Deutschland 15,12 Euro im Jahr 2025. Die Regierung muss den Mindestlohn entsprechend den Vorgaben der EU-Richtlinie anpassen und den Schwellenwert von 60 Prozent des Medianlohns (Brutto) als Untergrenze für den gesetzlichen Mindestlohn festschreiben. „Das wird dafür sorgen, dass der Mindestlohn verbindlich an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt wird. Geschieht dies nicht, wird die gesellschaftliche Spaltung weiter vorangetrieben“, mahnt Otto.

Tarifbindung endlich stärken

Tarifverträge sind wichtige Instrumente, um gute Löhne und Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Beschäftigte in Unternehmen mit Tarifvertrag verdienen durchschnittlich elf Prozent mehr als Beschäftigte in vergleichbaren nicht-tarifgebundenen Unternehmen. Und Tarifverträge sorgen für fairen Wettbewerb, der Lohndumping vermeidet. Inzwischen arbeitet aber nur noch jeder zweite Beschäftigte in Deutschland in einem Betrieb, der einen Tarifvertrag anwendet. Die EU-Mindestlohnrichtlinie fordert aber eine Tarifbindung von 80 Prozent. Deutschland liegt hier deutlich darunter. „Die öffentliche Hand muss hier eine Vorbildrolle einnehmen. Deshalb muss das Bundestariftreuegesetz in der kommenden Legislaturperiode beschlossen und umgesetzt werden“, fordert Otto. Vorreiter für das Bundesgesetz ist das saarländische Fairer-Lohn-Gesetz. Allerdings geht das saarländische Fairer-Lohn-Gesetz mit vereinbartem Urlaubsregelungen über das Bundestariftreuegesetz hinaus.

Gutes Rentenniveau für alle Generationen

„Die künftige Bundesregierung muss das Rentenniveau auf mindestens 50 Prozent erhöhen – sonst sind zu viele Menschen im Alter arm trotz langer Erwerbsbiografie. Jede*r muss darauf vertrauen können, dass sich Arbeit und Rentenbeiträge bezahlt machen und man im Alter entsprechend seiner Vorleistung auskömmlich versorgt ist“, sagt Otto. Die Rente muss angemessen hoch ausfallen – also einen guten Teil des vorherigen Lohns ersetzen – und im Zeitverlauf stabil sein. Renten müssen also wie die Löhne steigen, damit die Menschen im Alter nicht von der Wohlstandsentwicklung abgekoppelt werden. Das führt zwar aufgrund des demografischen Wandels zu höheren Beiträgen, bleibt aber auch für die heute Jungen ein gutes Geschäft: Für etwas mehr Geld erhalten sie so eine weiterhin sehr leistungsstarke und krisensicher Rente. So ein Produkt kann der private Markt einfach nicht liefern“, so Otto.

Vollversicherung für alle Pflegekosten

Die Eigenanteile für Pflegebedürftige in der Langzeitpflege steigen stark an. Viele Bewohner von Pflegeheimen sind zur Deckung der Kosten deshalb immer öfter auf Sozialhilfe angewiesen. „Das kann so nicht weitergehen. Wir brauchen eine Vollversicherung für alle Pflegekosten. Und auf dem Weg dorthin müssen Eigenanteile gedeckelt und begrenzt werden: Die Menschen zahlen nur noch einen festen Betrag pro Monat, und das auch nur für eine gewisse Zeit – alles darüber hinaus und danach übernimmt die Versicherung“, schlägt Otto vor.

Die Versorgungsqualität ist aber nur gesichert, wenn es genügend qualifizierte Pflegekräfte gibt. Im Pflegebereich herrscht aber sehr große Nachfrage nach Fachkräften. Und die, die noch im System sind, sind oft überlastet. Um dieser Überlastung entgegenzuwirken, braucht es eine anspruchsvolle und bedarfsgerechte Personalbemessung. An den bestehenden Instrumenten (PeBeM und PPR 2.0) muss festgehalten werden und ihre Umsetzung muss vollständig, zügig und sanktionsbewehrt erfolgen. Auch in der finanziellen Aufwertung des Berufs und erweiterten Fachkompetenzen drückt sich eine wichtige Form der Anerkennung aus. Hierfür ist die Stärkung der Tarifbindung und der Abschluss guter Tarifverträge weiterhin das wichtigste Mittel.

Recht auf Weiterbildung stärken

„Das Recht auf Bildung endet nicht mit dem Berufsabschluss – daher fordern wir die Stärkung des Rechts auf Weiterbildung“, betont Otto. Bisher sind Beschäftigte stark von ihrem Arbeitgeber abhängig, wenn sie eigeninitiativ eine Weiterbildung machen möchten. Es gibt kaum Förderungen, die unabhängig vom Arbeitgeber beantragt werden können, und kaum rechtliche Möglichkeiten, sich zur Weiterbildung von der Arbeit freistellen zu lassen. „Weiterbildung ist der entscheidende Schlüssel, um den Strukturwandel und die damit einhergehende Transformation aktiv zu gestalten. Nur so können die Beschäftigten ihre derzeitige Tätigkeit weiter ausüben oder sich beruflich umorientieren und bleiben im Zuge des Strukturwandels nicht auf der Strecke“, so Otto. Eine zukünftige Bundesregierung muss deshalb eine Bildungs(teil)zeit und ein Bildungszeitgeld für Beschäftigte schaffen, damit während einer Weiterbildung der Lebensunterhalt gesichert ist und die Weiterbildungskosten gezahlt werden können. Geringverdienende müssen hierbei besonders gefördert werden. Außerdem braucht es einen Rechtsanspruch auf Freistellung im Teilzeit- und Befristungsgesetz. „Weiterbildung ist der entscheidende Schlüssel, um den Strukturwandel und die damit einhergehende Transformation aktiv zu gestalten. Nur so können die Beschäftigten ihre derzeitige Tätigkeit weiter ausüben oder sich beruflich umorientieren und bleiben im Zuge des Strukturwandels nicht auf der Strecke“, so Otto abschließend.

Starke Schultern können mehr tragen

„Unser Steuersystem ist in einer erheblichen Schieflage: Hohe Einkommen und Vermögen werden heute viel weniger besteuert als noch vor einigen Jahrzehnten – oder sogar gar nicht mehr. Der Einkommensteuertarif muss deshalb dringend reformiert werden”, fordert Otto. So muss etwa der Grundfreibetrag deutlich angehoben werden. Das entlastet anteilig vor allem Geringverdiener*innen. Außerdem ist der Spitzensteuersatzes zu niedrig, greift viel zu früh und betrifft so bereits viele Fachkräfte, während wirklich hohe Einkommen unnötig verschont werden. „Starke Schultern tragen also nicht so zum Gemeinwesen bei, wie sie könnten und sollten. Das muss eine künftige Bundesregierung ändern. Wir brauchen einen echten sozialen Ausgleich”, so Otto abschließend.

Das gemeinsame Forderungspapier der Arbeitnehmerkammer Bremen und der Arbeitskammer des Saarlandes finden Sie hier:
Forderungen zur Bundestagswahl 2025

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