„Bildung ist Grundvoraussetzung für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Zugang zu hochwertigen Bildungsangeboten für alle Menschen in allen Lebensaltern zu schaffen, muss deshalb ein zentrales Anliegen der künftigen Bundesregierung sein“, fordert Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes. Doch in puncto Chancengerechtigkeit liegt noch einiges im Argen. So ist Bildung größtenteils Ländersache. Deshalb sind viele hilfreiche Bundesprogramme immer nur befristet und können nicht weitergeführt werden, wie etwa das Programm ,Aufholen nach Corona´ oder das ,Gute-Kita-Gesetz´. Schuld daran ist das Kooperationsverbot im Bildungsbereich. Das besagt, dass die Länder für Gesetzgebung und Umsetzung der Maßnahmen und deren Finanzierung in erster Linie selbst verantwortlich sind. Der Bund kann sich nur befristet finanziell beteiligen. „Gerade finanzschwache Länder haben aber oft nicht das Geld, gute Programme weiterzuführen oder aus eigenen Mitteln nachhaltige Programme aufzusetzen. Wir fordern daher eine Überwindung des Kooperationsverbots. Nur so können bundesweit einheitliche Standards geschaffen und der Bildungssektors nachhaltig finanziert werden“, erklärt Otto.
Bildung beginnt bei den Kleinsten! Bildungsgerechtigkeit muss deshalb bereits in der frühkindlichen Bildung ansetzen. „Uns allen muss bewusst sein, dass Investitionen in hochwertige Kitas Bildungschancen verbessern, Grundlage für erfolgreiche Bildungsbiografien sind und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erst ermöglichen“, stellt Otto fest. Um hochwertige Bildungsarbeit in Kitas zu sichern, muss die künftige Bundesregierung bundesweite Qualitätsstandards und ein Förderprogramm für benachteiligte Regionen erarbeiten, vergleichbar dem Startchancenprogramm an Schulen. Zudem erfordert die angespannte Personalsituation eine Fachkräfteoffensive, die bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen priorisiert.
„Auch unsere Schulen brauchen eine Förderung durch Bundesmittel, die die spezifischen Anforderungen im Sozialraum berücksichtigen. Das wird helfen, soziale Ungleichheiten abzubauen. In Zeiten von schwindendem Vertrauen in die Demokratie ist das entscheidend!“, mahnt Otto. Bislang ist dies nur in ausgewählten Startchancen-Schulen der Fall. Zudem ließen sich auf Basis verbindlicher Sprachstandstests vor der Einschulung gezielte Förderangebote entwickeln, die gewährleisten, dass alle Kinder mit vergleichbaren Kompetenzen starten.
Mehr Beachtung muss auch der Übergang von Schule in den Beruf erfahren. „Wir können es uns nicht leisten, junge Menschen in dieser entscheidenden Phase ihres Lebens zu verlieren. Bundesweit haben 19,1% der Jugendlichen zwischen 20- und 34 Jahren keinen qualifizierenden Berufsabschluss – im Saarland sind es sogar 20,1%. Erneut eine Steigerung zum Vorjahr. Da waren es 18,5%. Daher brauchen wir unter anderem eine erweiterte Ausbildungsgarantie bis 27 Jahre“, fordert Otto. Umlagefinanzierte Fördermodelle könnten zusätzliche betriebliche und außerbetriebliche Ausbildungsplätze schaffen. Hierbei sollen z.B. alle Betriebe und Unternehmen - gleich ob sie ausbilden oder nicht - in einen Ausbildungsfonds einzahlen, aus dem dann u.a. solche Fördermodelle finanziert werden Der Bremer Ausbildungsfonds kann hierfür eine Blaupause sein. Und es braucht mehr regionale Beratungsangebote, um junge Menschen individuell zu unterstützen und die Weichen für ein selbstbestimmtes Leben zu stellen.
„Auch im Hochschulbereich ist Chancengerechtigkeit das Gebot der Stunde. Etwa in Form eines gerechten BAföGs, das elternunabhängig ist und mehr Studierende erreicht“, erläutert Otto. Gleichzeitig prangert die Arbeitskammer die prekären Arbeitsverhältnisse an Hochschulen an.
Schlussendlich ist Bildung auch der Schlüssel für eine lebendige Demokratie. Politische Bildungsprogramme und aufsuchende Angebote für Erwachsene stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt und fördern Partizipation. „Polarisierungen ist am besten durch eine gestärkte demokratische Diskussions- und Mitgestaltungskultur zu begegnen. Um ein demokratisches Miteinander zu sichern, muss die künftige Bundesregierung nachhaltige Finanzierung solcher Programme gewährleisten. Dazu braucht es endlich ein Demokratiefördergesetz“, so Otto abschließend.