Die zunehmende Technisierung hat enorme Auswirkungen auf Frauen: In der boomenden Digitalbranche sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Im höherwertigen Dienstleistungssektor besteht die Gefahr, dass Arbeitsplätze auf mittlerer Hierarchieebene wegrationalisiert werden. Und das sind vor allem Arbeitsplätze von Frauen. Im Handel und anderen Dienstleistungsbereichen, die stark von Frauen besetzt werden, schreitet die Entwicklung derzeit ebenfalls sehr rasch voran. „Bei der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt muss deshalb die Frage der Gleichstellung von Frauen und Männern im Blick behalten werden! Dies gilt umso mehr, als sich die Prozesse innerhalb der Corona-Krise beschleunigen“, sagte die Geschäftsführerin der Arbeitskammer des Saarlandes, Beatrice Zeiger, beim AK-Transformationsdialog „Die digitalisierte Arbeitswelt. Chancen und Risiken für Frauen“ am Montag. „Hier muss aktiv gegengesteuert werden, etwa durch mehr Qualifizierung und durch eine gleichstellungsorientierte Arbeits- und Organisationskultur“, fordert Zeiger.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wären die eher frauendominierten Berufe wie Pflege, Bildung und Erziehung weniger stark von Digitalisierung betroffen. Das stimmt so längst nicht mehr. Das gilt auch für den Handel und andere Dienstleistungsbereiche, in denen vor allem Frauen arbeiten. Dabei zeigen Umfragen wie der DGB Index Gute Arbeit, dass niedrigqualifizierte Frauen deutlich seltener mit digitalen Techniken arbeiten als niedrigqualifizierte Männer (Stand vor Corona). „Denkt man sich die jetzt noch dynamischere Entwicklung weiter, so darf es auf keinen Fall dazu kommen, dass die ohnehin schlechter bewerteten, personenbezogenen Dienstleistungen weiter zurückfallen! Wie systemrelevant diese sind, wird gerade in der aktuellen Krise mehr als deutlich“, sagt Zeiger.
Besorgnis erregen auch aktuelle Studienergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), nach denen auch die bisher als gut bezahlt und sicher geltenden Arbeitsplätze in den höherwertigen Dienstleistungen wie Banken, Versicherungen und öffentliche Verwaltung durch Rationalisierung gefährdet sind. Dieses Berufsfeld ist zentral für Frauen. Zum Nachteil wird dabei, dass Frauen oft wiederholbare, standardisierte Arbeiten der mittleren Hierarchieebene verrichten, die leicht zu digitalisieren sind. Management und Organisation lassen sich hingegen kaum automatisieren, dort aber sind nach wie vor mehr Männer beschäftigt. „Noch ist der komplette aktuelle Digitalisierungsschub in den Branchen, der durch Corona entstanden ist, nicht ganz absehbar. Hier muss daher jetzt schon mit Qualifizierungen aktiv gegengesteuert werden! Wenn Frauen erst einmal ihre Beschäftigungen verloren haben, besteht mittelfristig die Gefahr, aus diesem sehr dynamischen Beschäftigungsfeld abgehängt zu werden!“ so Zeiger.
In der Digitalbranche selbst sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Um das zu ändern, schlägt der Dritte Bundesgleichstellungsbericht („Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“, Januar 2021) eine ganze Reihe von Verbesserungen vor, die lebenslauforientiert, entlang der gesamten Bildungskette ansetzen. Die Sachverständigenkommission spricht sich für eine gleichstellungsorientierte Veränderung der Technikgestaltung und der in der Digitalbranche herrschenden Arbeits- und Organisationskultur aus.
Die ganze Debatte zeigt: „Digitalisierung ist kein Naturereignis, sondern ein Prozess, der zusammen mit den Organen der Mitbestimmung aktiv gestaltet werden muss. Nur dann können wir Fehlentwicklungen zuungunsten der Frauen verhindern helfen!“ so Beatrice Zeiger abschließend.
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