„Die Regelungen der Pflegeversicherung müssen dringend erneuert werden“, fordert Beatrice Zeiger, Geschäftsführerin der Arbeitskammer des Saarlandes. „Wir begrüßen daher den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Sein Reformentwurf ist ein richtiger Schritt hin zu einer Änderung des Systems der Pflegeversicherung. Für einkommensschwächere Haushalte wird die Reform allerdings nicht ausreichen. Dafür ist der Eigenanteil noch zu hoch“, so Zeiger. Die Arbeitskammer spricht sich dagegen für eine Pflegevollversicherung aus.
Im Saarland zahlen Pflegebedürftige derzeit rund 2.400 Euro für stationäre Pflege. Zusätzlich zu den geplanten gedeckelten 700 Euro müssten die Pflegebedürftigen auch weiterhin die Kosten für Unterkunft und Verpflegung tragen. Diese belaufen sich im Schnitt aber auf 872 Euro im Monat. Hinzu kommen außerdem die umgelegten Investitionskosten von rund 435 Euro. Der Eigenanteil beträgt dann immer noch rund 2.000 Euro im Monat. Demgegenüber steht eine durchschnittliche Rente im Saarland von 1.284 Euro bei Männern und 558 Euro bei Frauen. „Sind keine weiteren Vermögenswerte verfügbar, wird klar, dass die Pflegebedürftigen die Eigenanteile nur erbringen können, wenn sie Sozialhilfe in Anspruch nehmen – die so genannten Hilfen zur Pflege. Und das ist in Saarland ein großer Teil der Pflegebedürftigen“, erläutert Zeiger.
Die Arbeitskammer spricht sich deshalb für eine Pflegevollversicherung aus. „Das bedeutet, dass der Eigenanteil lediglich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung von 872 Euro betragen würde. Ein großer Teil der Rentner*innen wäre damit entlastet und mit den dann wegfallenden Sozialhilfeanteilen auch die Kommunen“, erläutert Zeiger.
Hintergrund: Die Pflegeversicherung wurde 1994 als Teilkaskoversicherung eingeführt. Die drei Kernziele der sozialen Pflegeversicherung waren und sind, die Situation der Pflegebedürftigen zu verbessern, die Pflegeinfrastruktur auszubauen und die Sozialhilfeabhängigkeit zu vermindern. Doch das Teilkaskosystem stößt an seine Grenzen.
Je nach Pflegegrad übernimmt die Pflegeversicherung zwischen 30 % in Pflegegrad 2 und 70 % der Kosten in Pflegegrad 5. Die restlichen Anteile müssen vom Pflegebedürftigen getragen werden. Die Eigenanteile steigen durchschnittlich um 3 bis 4 % pro Jahr. Und die Eigenanteile werden sich in den nächsten Jahren noch erhöhen, da die Personalkosten und Pflegesätze steigen. Die Zahl der Pflegebedürftigen, die trotz Rente auf Sozialhilfe angewiesen sind, wird also größer.
Genauso wie die Kosten für die Kommunen. Allein der Regionalverband Saarbrücken gab 2017 23,7 Millionen Euro für Hilfen zur Pflege aus. Bundesweit zahlten die Sozialämter insgesamt 3,9 Milliarden Euro. „Der Gesetzentwurf von Spahn bringt aufgrund der er niedrigen Einkommen im Saarland auch in dem Punkt wegen des immer noch zu hohen Eigenanteils keine wesentliche Erleichterung“, so Zeiger.
Dass diese Entwicklung so nicht mehr tragbar ist, darüber sind sich alle politischen Parteien einig. Klar ist: „Ein neues tragfähiges Konzept für die Pflegeversicherung muss den unterschiedlichen Dimensionen der Thematik Rechnung tragen“, so Zeiger abschließend.
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