Die saarländische Wirtschaft befindet sich in einem grundlegenden Strukturwandel. Der Saarland-Pakt war ein erster wichtiger Schritt, um die Kommunen zu entlasten. Doch alleine und aus eigener Kraft kann das kleinste Flächenland den Wandel nicht erfolgreich bewältigen. „Die Landesregierung kämpft angesichts des Strukturwandels seit Monaten für mehr Geld vom Bund. Das Land kommt an die Grenzen seiner Möglichkeiten. Ohne die Solidarität des Bundes wird es nicht gehen“, betont Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes. „Wir haben den Ausstieg aus der Kohleförderung unter größten Anstrengungen gemeistert. Das schaffen wir nicht noch einmal. Wir erwarten, dass jetzt der Bund seine Verantwortung übernimmt“, fordert Jörg Caspar, Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer.
„Dafür müssen alle saarländischen Akteure an einem Strang ziehen und im Bund mehr Mittel einfordern. Die Landesregierung muss sich geschlossen für finanzielle Hilfen bei der Bundesregierung einsetzen. Vor allem erwarten wir jetzt endlich aktives Handeln unserer saarländischen Mitglieder der Bundesregierung“, sagt Thomas Otto.
Wir brauchen ein Sonderprogramm des Bundes für das Saarland – nach dem vom Land aufgelegten „Saarland-Pakt“ ist jetzt ein „Saarland-Paket“ vom Bund überfällig.
Die Arbeitskammer zeigt mit den folgenden Punkten beispielhaft auf, dass es im Kontext der Fördermöglichkeiten im Bund realistische Ansätze gibt. Diese sind, konsequent genutzt, eine Chance für das Land:
- Das Saarland braucht Strukturförderung zum Erhalt des industriellen Kerns der Saar-Wirtschaft. Das Saarland muss deshalb u.a. zur Modellregion in der von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verantworteten Wasserstoffstrategie werden. Die ist für November angekündigt.
- Der Bund muss die Altschuldenentlastung jetzt beschließen. Das Saarland hat mit den schmerzhaften Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung und dem Saarland-Pakt die eigenen Möglichkeiten zur Entschuldung ausgereizt. Eine Altschuldenübernahme durch den Bund für das Saarland ist überfällig.
- Die nationale Weiterbildungsstrategie der Bundesregierung muss genutzt werden, um das Saarland als vom Strukturwandel betroffene Region systematisch zu unterstützen. Das Saarland muss Modellregion werden, in der Weiterbildung als präventives Instrument im Strukturwandel etabliert wird.
- Um unsere Chancen in den Bereichen KI, Cybersicherheit und Unternehmensgründungen zu entwickeln, braucht das Land Forschungsmittel vom Bund. Im Entwurf des Strukturstärkungsgesetzes Kohlehilfen ist festgelegt, dass wesentliche Forschungsmittel vorrangig in die Braunkohleregionen vergeben werden sollen. Das geht zu Lasten des Saarlandes. Deshalb muss das Saarland als Förderregion im Gesetz aufgenommen werden. Die Datenethikkommission fordert ein Kompetenzzentrum Algorithmische Systeme, das Bund, Länder und Kommunen, Hersteller, Betreiber, Anwender und betroffene Personen im Umgang mit und bei der Entwicklung von algorithmischen Systemen berät. Das Saarland bietet sich als Sitz für das von der Ethikkommission geforderte Kompetenz- und Beratungszentrum bestens an. Wir haben im Saarland bereits bewiesen, dass wir im Bereich KI weitreichende Kompetenz besitzen. Zu erwähnen wäre da etwa das Deutsche Forschungszentrum für künstliche Intelligenz oder das Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit (CISPA). Gleichzeitig verfügen wir mit der Arbeitskammer und den ihr nahestehenden Beratungsinstituten (BEST, INFO) über weitreichende Kompetenz bei der arbeitnehmerorientierten Beratung von Betriebs- und Personalräten im Umgang mit der Digitalisierung. Dies wird auch in Kooperationsprojekten mit dem ZeMA deutlich.
- Die Regelungen des Teilhabechancengesetzes und die Möglichkeiten des Passiv-Aktiv-Transfers müssen über die Befristung des Gesetzes bis 2024 hinaus unbefristet angewendet werden können. Das „Stop and Go“ bei der öffentlich geförderten Beschäftigung, das Träger und Betroffene vor größte Probleme stellt, muss dauerhaft überwunden werden.
- Das Saarland muss als besondere Förderregion bei der Verteilung der EFRE-Mittel für die nächsten Förderperioden anerkannt werden. Hierfür muss sich die Landesregierung in den Verhandlungsprozessen mit Bund und Ländern entsprechend einsetzen. Im Bund muss anerkannt werden, dass das Saarland unter den sogenannten „stärker entwickelten Regionen“ in Deutschland zu denjenigen mit dem größten Förderbedarf gehört.
- Das Saarland braucht eine Mobilitätswende. Neben einer zukunftssicheren, sozialen und ökologischen Industrie wird auch der Verkehrssektor im Land einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten haben. Dazu müssen Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) auch im Saarland ankommen. Hintergrund: Der Bund will die Mittel insgesamt von heute 310 Millionen auf eine Milliarde in 2021 und später zwei Milliarden Euro erhöhen. Mindestens 30 Millionen für den ÖPNV müssen unmittelbar ins Saarland fließen. Das entspricht dem derzeitigen Bedarf. Für die Mobilität der Zukunft und einer nachhaltigen Stärkung eines klimafreundlichen und am Kundenbedarf orientierten ÖPNVs darf dies aber nur der Anfang sein. Das Saarland bietet sich als Modellregion für den ÖPNV der Zukunft – Stichwort Digitalisierung – an. Städtische Ballungszentren und ländlicher Raum in räumlich konzentrierter Form eignen sich ideal für die Erprobung neuer, auch digital gesteuerter, Verkehrskonzepte.
„Den Strukturwandel und die Krise unserer Industrie können wir nur mit einem gemeinsamen Kraftakt auf allen politischen Ebenen stemmen. Kein Saarländer in politischer Verantwortung darf sich jetzt wegducken – vor allem nicht in der Bundesregierung“, so Jörg Caspar abschließend.
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