Rentenpaket II: AK begrüßt geplante Absicherung des Rentenniveaus bis 2039 

Pressedienst vom

Die Arbeitskammer des Saarlandes begrüßt die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil geplante Stabilisierung des Mindestrentenniveaus auf wenigstens 48 Prozent. „Das ist schon einmal ein erster Schritt. Notwendiger wäre allerdings eine weitergehende Erhöhung des Rentenniveaus. Außerdem muss die Einnahmebasis der Rentenversicherung erweitert werden. Das geht nur, indem Beamte, Abgeordnete und Selbständige endlich in die gesetzliche Rente mit einbezogen werden“, fordert Jörg Caspar, Vorstandsvorsitzender der Arbeitskammer des Saarlandes. Auch das Beschäftigungspotential von Frauen muss stärker genutzt werden. „Der im Referentenentwurf vorgeschlagene steuerfinanzierte Kapitalstock („Generationenkapital“) wird dagegen keinen relevanten Beitrag zur Verbesserung der Einnahmebasis leisten“, Caspar.

Hätte es trotz Vereinbarung im Koalitionsvertrag - das Mindestrentenniveau über 2025 hinaus dauerhaft auf 48% zu stabilisieren - unter den Regierungsparteien keine Einigung gegeben, würde das (Mindest-)Rentenniveau laut Rentenversicherungsbericht bis 2037 auf 45% sinken. Insofern stellt die Festschreibung auf wenigstens 48% bis 2039 zumindest eine Verbesserung gegenüber dem gesetzlichen Status Quo da.

Unabhängig davon fordert die Arbeitskammer allerdings weiterhin eine Anhebung auf deutlich über 50%. 2021 lagen die Altersrenten von 42% der Frauen im Saarland unterhalb von 450 Euro und bei einem Fünftel der Männer bei unter 850 Euro. „Gerade angesichts der teils sehr niedrigen Renten im Saarland sind eine weitere Anhebung des Rentenniveaus und weitere Reformen dringend erforderlich“, so Caspar.

Eine Einigung über die Stabilisierung des Rentenniveaus konnte offenbar nur erfolgen, weil im Gegenzug die FDP einen steuerfinanzierten Kapitalstock – das sogenannte Generationenkapital - ausgehandelt hat, das teils auch als Aktienrente bezeichnet wird. Die Idee dahinter ist, dass der jährlich aufzustockende Kapitalstock auf dem Aktienmarkt ab dem Jahr 2036 Gewinne im Umfang von 10 Milliarden erzeugt, die zur Finanzierung der Rentenversicherung und zur Begrenzung von Beitragserhöhungen verwendet werden sollen. 

10 Milliarden Euro entsprechen aber nur rund 3,8% der Renteneinnahmen des Jahres 2023 in Höhe von 376 Milliarden Euro, die sich zu 289 Milliarden Euro aus Beitragseinnahmen und zu 84 Milliarden Euro aus dem Bundeszuschuss speisen. 10 Milliarden wären in 2045 sogar nur 1,25 Prozent der dann erwarteten Rentenausgaben von insgesamt 802 Milliarden Euro. Das wird also bei weitem nicht reichen, um die Einnahmebasis der Rentenversicherung zu erhöhen.
 
„Zentral für die zukünftige Finanzierung der Rentenversicherung sind dagegen eine hohe Erwerbsbeteiligung und gute Arbeitsbedingungen, die ein gesundes Arbeiten bis zum Renteneintritt auch erlauben. Im Saarland ist es mehr noch als in anderen Bundesländern notwendig, das Beschäftigungs- und Qualifikationspotential von Frauen, die oftmals nur in Minijobs, Teilzeit und in unterwertiger Beschäftigung arbeiten, auch auszuschöpfen. Nur so können wir Altersarmut von Frauen verhindern“, so Caspar.

Die ebenfalls vorgesehene moderate Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge von derzeit 18,6 % eines Bruttolohns auf 19,7 % ab 2028 und auf 22,3 % bis 2035 erscheint angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft unausweichlich. 

Perspektivisch muss die gesetzliche Alterssicherung aber grundlegend reformiert werden. So müssen endlich auch Selbständige, Abgeordnete und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung mit einbezogen werden. „Erst dadurch wird die gesetzliche Rente eine echte Solidarrente mit einer breiten Einnahmebasis“, so Caspar abschließend.


Zum Hintergrund:

Mit dem bis 2036 sukzessive aufzubauenden Kapitalstock im Umfang von 200 Milliarden sollen dann ab 2036 auf dem internationalen Aktienmarkt Gewinne von jährlich durchschnittlich 10 Milliarden Euro erzielt werden, die dann die Rente zusätzlich finanzieren. Um den Kapitalstock aufzubauen, will der Staat primär Kredite aufnehmen. Im Einzelnen ist beabsichtig in 2024 12 Milliarden Euro aus öffentlichen Darlehen anzulegen. In den Folgejahren sollen diese jährlichen Zuführungen um 3 % steigen und bis 2028 sollen zusätzlich Vermögenswerte des Bundes über 15 Milliarden Euro übertragen werden.  

Das Kalkül der Kapitalmarktfinanzierung besteht darin, dass der Kapitalstock auf dem internationalen Aktienmarkt mehr Gewinne erzielt, als zur Kredittilgung notwendig ist. Inwieweit diese Rechnung aufgeht, ist kaum vorhersehbar und von der zukünftigen Zinsentwicklung, der Weltwirtschaftslage und stark schwankenden Kapitalmarktgewinnen abhängig. Um ab Mitte der 2030er Jahre mit einem Kapitalstock von 200 Milliarden Euro jährlich 10 Milliarden Euro Gewinn zu erzielen wäre ein prozentualer Gewinn von 5 % jährlich nötig. Die Gewinnprognose von 5 % erscheint optimistisch. Wenn man zum Beispiel von einer Kreditfinanzierung von 2,5 % und durchschnittlichen Bruttogewinnzinsen von 6,5 % auf dem Aktienmarkt ausgehen würde, verblieben nur 4 % Gewinn im Durchschnitt bei tatsächlich stark schwankenden Aktienmärkten.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ging in einer Beispielrechnung von einer Rendite von drei Prozent für das Generationenkapital aus – bei einem Volumen von 200 Milliarden Euro wären das sechs Milliarden und keine zehn Milliarden Euro, wie von der Regierung angepeilt.

Das Rentenniveau definiert sich als prozentualer Anteil der „verfügbaren Eckrechte“ am aktuellen Durchschnittseinkommen eines Jahres. Dabei ist die Eckrente eine fiktive Rechengröße, basierend auf dem Durchschnittseinkommen nach 45 Versichertenjahren, bei unterstellter lückenloser Beitragszahlung - eine Annahme, die an vielen Teilzeit-Erwerbsbiografien von Frauen komplett vorbei geht. 

Das Rentenniveau (netto vor Steuern) betrug im Jahr 2002 noch 52,9 % und wurde dann in den Folgejahren abgesenkt und 2018 mit dem Rentenpaket der Großen Koalition auf dem Niveau von 48 % bis 2025 stabilisiert. Es beträgt aktuell (2023) 48,2 %, die monatlich „verfügbare Eckrente“ 1.503 Euro.

Leider liegen die tatsächlichen Zahlbeträge im Saarland weit unterhalb der Eckrente: Ende 2021 verfügen 42 % der Frauen lediglich über eine gesetzliche Altersrente von bis zu 450 Euro. Ein Viertel der Frauen über 65 Jahre im Saarland sind von Altersarmut betroffen. Bei den Männern liegen 56 % der Altersrenten unter 1.500 Euro und jeder Fünfte bleibt unterhalb von 850 Euro.
 

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