„Der Besuch einer Kita gilt heutzutage als elementare Voraussetzung für eine gesunde kindliche Entwicklung und eine erfolgreiche Bildungsbiografie. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen mit angespannter Personalsituation und knappem Platzangebot ist der Bildungsauftrag kaum zu gewährleisten“, sagt Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes, zum Auftakt des AK-Themas „Zwischen Bildungs- und Betreuungszeit – Ein neues Modell für die Kitas?“ am Donnerstagabend im Saarrondo in Saarbrücken. „Der Verband der Kita-Fachkräfte Saar e.V. macht uns mit seinem B&B-Modell einen Vorschlag, über den sich gut diskutieren lässt“, so Otto.
Bundesweit sind die Kitas am Limit – Tendenz steigend, denn der Fachkräftemangel wird sich laut Expert*innen in den kommenden Jahren zuspitzen. Schon jetzt sind die Fachkräfte enormen Belastungen ausgesetzt, da das Feld gemessen am stetigen Ausbau der Kitaplätze nur unzureichend personalisiert ist. Nicht umsonst weist das Arbeitsfeld die höchsten Krankenstände auf. Regelmäßig fehlen in den Einrichtungen mehr als 25 % des Personals. Die Folge: Das System läuft Gefahr, Kitas zu reinen Betreuungsstätten verkommen zu lassen und den Anforderungen des Bildungsprogramms nicht mehr gerecht zu werden.
„Deshalb ist es notwendig, jetzt gemeinsam Ideen zu entwickeln, wie die Arbeits- und Förderungsbedingungen in Kitas nicht nur kurzfristig entschärft, sondern nachhaltig verbessert werden können. Der Verband der Kita-Fachkräfte hat da ein Modell vorgelegt, über das sich gut diskutieren lässt“, so Otto.
Das Modell „B&B“ (Bildungszeit und Betreuungszeit) bietet Anregungen, wie die Bedingungen pädagogischer Praxis in der Kita verbessert, Fachkräfte gesichert und Bildungsarbeit gewährleistet werden könnten. Der zentrale Vorschlag: Bildungs- und Betreuungszeiten im Kitaalltag unterschiedlich personalisieren. Etwa, indem Randzeiten, in denen es vorwiegend um Betreuung geht, nicht von Erzieher*innen bedient werden, während in den Bildungszeiten vorrangig pädagogische Fachkräfte eingesetzt würden. Ziel dieser Unterteilung ist eine Entlastung der Fachkräfte bei gleichzeitiger Sicherstellung verlässlicher Betreuungs- und hochwertiger Bildungsangebote.
„Die AK begrüßt die Diskussion über Alternativmodelle, mahnt aber zugleich: Langfristig muss die Sicherung und Akquise von Fachkräften Priorität haben, um dem Fachkräftegebot der Kinder- und Jugendhilfe zu entsprechen und gleichermaßen Gute Arbeit wie Gute Bildung zu gewährleisten“, so Otto.
Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot resümiert: „Als Landesregierung haben wir klare Vorstellungen davon, wie eine saarländische Kita sein soll: Sie muss für Eltern beitragsfrei sein, sie muss gut ausgebildetes Personal haben und auch den Bedarf an Betreuungsplätzen erfüllen können. Mit dem „Kita-Zukunftspakt Saarland“ zeigen wir, wie wir das umsetzen wollen. Bei der Kita-Qualität zum Beispiel in dem wir die Ausbildungszahlen der Erzieher*innen jährlich um zehn Prozent erhöhen. Das machen wir schon seit 2019. In Merzig und ganz aktuell Homburg gibt es neue Schulstandorte für die Erzieher*innenausbildung. Aktuell bilden wir 1.500 Erzieher*innen und etwas mehr als 360 Kinderpfleger*innen aus. Im Sommer 2023 werden rund 600 Absolvent*innen aus unseren Fachschulen auf den Arbeitsmarkt kommen, hinzu kommen über 160 Absolvent*innen der Berufsfachschulen für Kinderpflege. Wir erhöhen auch die Ausbildungszahlen der Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) im Sommer auf 155 pro Jahrgang. Mit dem Saarländischen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsgesetz (SBEBG) ermöglichen wir darüber hinaus die bedarfsorientierte Anerkennung von Fachkräften und damit auch die Arbeit in multiprofessionelle Teams. Genau hier kann das Modell B&B ansetzen. Die Umsetzung des Modells B&B ist den Trägern innerhalb unseres Gesamtkonzeptes und durch die Regelungen des SBEBG möglich. Die im Ergebnis sehr ähnlichen Ansätze werden im Saarland bereits umgesetzt, z.B. durch Großpflegestellen in der Randzeitenbetreuung.“
Begleitend zur Veranstaltung ist die „AK-Aktuell“ erschienen, in der die Kitasituation und Bedarfe aus den Perspektiven der Praxis, der Wissenschaft und gewerkschaftlicher Sicht beleuchtet werden. Zu finden unter: www.arbeitskammer.de/kitas
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